SAT.1 Show »Mütter machen Porno« schlägt Wellen

Mütter machen Porno

Nach dem Vorbild der britischen Dokureihe »Mums Make Porn« hat der deutsche Privatsender SAT.1 seine eigene Adaption für das hiesige Publikum vorgestellt. Naiv gecastete Mütter beschäftigen sich voller Panik mit heutiger Pornografie, um dann die Aufgabe gestellt zu bekommen, einen Porno zu gestalten, den sie selbst gutheißen würden. Wie in Großbritannien sorgt das Format auch in Deutschland für unreflektierte Anti-Porno-Schlagzeilen.

Was die Briten bereits 2019 durchmachen mussten, ist derzeit in Deutschlands Medienlandschaft präsent: die kontrovers diskutierte Dokureihe »Mütter machen Porno« wird über zwei Folgen im deutschen Free-TV ausgestrahlt.

Das Konzept der von Redseven adaptierten Sendung sieht vor, dass mehrere besorgte Mütter über ihre Einstellung zu Pornografie befragt werden und dann mit den Stilmitteln und Ansätzen aktueller Independent Pornos vertraut gemacht zu werden. Im Originalpitch der britischen Erfinder Firecracker TV hieß es: »Fünf Mütter haben für einen Pornofilm gecastet, geschrieben, produziert und die Regie geführt, den sie ihren eigenen Kindern zeigen würden, um ihnen eine gesunde Haltung zu Sex und Beziehungen zu vermitteln.«

SAT.1 bewirbt seinen Zweiteiler so: »Die Mission, einen Porno zu produzieren, der ein realistisches Bild von Sex vermittelt, ist schwieriger als gedacht. Nicht nur die Entwicklung einer Storyline und die Suche nach passenden Darstellern wird für die fünf Mütter zur Herausforderung. Auch die Frage, was ’normaler‘ Sex ist – und was nicht -, sorgt für Zündstoff. Ein Besuch bei Erika Lust, preisgekrönte Pionierin des feministischen Pornos, in Barcelona soll die Differenzen ausräumen und für Inspiration sorgen.«

Trotz des Gesprächs mit der Pornoproduzentin Erika Lust scheitert das Format an seinem sensationsheischendem Ansatz. Im Zentrum steht letztlich ein den zahlreichen Nischen und Fetischen heutiger Pornografie feindlich gesinnten Haltung, die einzig das normative, traditionelle und heterosexuelle Bild einer »gesunden Sexualität« gelten lässt.

Deutlich wird das an den schockierten, vorhersehbaren Reaktionen der Mütter beim Schauen vorausgewählte Pornos, die nach dem Prinzip ausgewählt wurden, branchenfremde Menschen maximal zu schockieren und die alte Legende des gewalttätigen, frauenfeindlichen Mainstream-Pornos zu reproduzieren.

Genderfragen, Fetische, nicht-heterosexuelle, nicht-monogame Formen von Sexualität werden zumindest implizit als abnorm und gefährlich dargestellt. Dass obendrein kitschige Filter und teure Beleuchtung zum Einsatz kommen, zeigt wie sehr die Realität des Formats vom Anspruch der Mütter abweicht, über Sexualität aufklären zu wollen.

SAT.1 will den von den Müttern produzierten Film »Vanilla X« im Anschluss an die zweite Folge in Auszügen zeigen. Die ereifernden Schlagzeilen der Medien waren so langweilig wie vorhersehbar: Mütter produzieren Sexfilm für ihre Kinder. Damit entlarvt sich das Format als das, was es ist: Clickbaiting auf dem Rücken einer ohnehin unter Stigmata und Falschdarstellungen leidenden Branche.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Senders.

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