
Einer der wenigen Social-Media-Pioniere, die Erwachseneninhalten bisher weiterhin die Treue gehalten haben, gibt auf. Ab dem 17. Dezember werden alle pornografische Inhalte auf Tumblr gelöscht und verbannt.
Die sozialen Medien sind ein gesellschaftspolitischer Müllhaufen, die Kapitulation des Intellekts vor der Herrschaft des besserwisserischen Wutbürgers. Tonnenweise Hass wird Tag für Tag über die großen Portale wie Facebook und Twitter ausgeschüttet. Die Wohlfühlportale Instagram und Pinterest ergehen sich in der narzisstischem Nabelschau ihrer Nutzer.
Twitter stand lange als einziger Leuchtturm in der Brandung. Ein Dienst, der der Information, dem Diskurs, dem Austausch verschrieben schien. Eine Plattform, der der Nimbus der liberalen Freiheitskämpfe, des freiheitlichen, liberalen Denkens anhaftete. Nicht zuletzt wird Twitter neben der Whistle-Blower-Plattform Wikileaks eine große Rolle im arabischen Frühling angedichtet.
Das Bilder-Pendant von Twitter war mehrere Jahre lang Tumblr. Beide Dienste waren nun lange Zeit die größten Social-Media-Anbieter, die erotische und pornografische Inhalte nicht nur toleriert haben, sondern ihr Wachstum zu einem nicht unbedeutenden Teil auch eindeutig der XXX-Community zu verdanken haben.
Nach der Einführung von Altersbeschränkungen, Registrierungspflichten und Shadow-Bans folgt nun das totale Verbot – zumindest bei Tumblr werden XXX-Inhalte ab dem 17. Dezember nicht mehr zu sehen sein. Ein erster Schritt Richtung Zensur, das Ende einer Utopie, das Web 2.0 hat seinen anarchischen, revolutionären Charakter zwar ohnehin längst verloren, doch mit Tumblr verabschiedet sich ein (vor-)letztes Leuchten. Von der einstigen Anarchie und Freiheit im Netz ist nicht mehr viel übrig. Einzig Twitter erlaubt als letzter Mainstream-Riese Erwachseneninhalte.
Laut der aktualisierten Nutzungsbedingungen Tumblrs wird genau beschrieben, was nicht länger erwünscht ist: »Erwachseneninhalte umfassen GIFs, die menschliche Genitalien oder weibliche Nippel zeigen und jedwede Inhalte – einschließlich Fotos, Videos, GIFs und Illustrationen, die sexuelle Vorgänge zeigen.« Klarer geht es kaum. Jedweder erotische Inhalt, der Haut zeigt, ist ab sofort unerwünscht.
Ab dem 17. Dezember wird ein eigens geschaffener Algorithmus Inhalte suchen, die gegen die neuen Richtlinien verstoßen und diese zur Löschung empfehlen. Betroffene Nutzer werden sodann benachrichtigt. Angeblich soll es eine Möglichkeit zum Einspruch gegen den Vorschlag des Algorithmus geben. Was das XXX-Anbietern helfen soll, die viele Jahre in den Aufbau ihrer Communities investiert haben, ist unklar.
Tumblr hat erotische Inhalte seit seiner Gründung 2007 offen erlaubt. Die jetzige Umkehr schafft erneut Unsicherheit und Einbußen für Darsteller, Künstler, Studios und Sexarbeiter, die durch die weltweit zunehmenden Bestrebungen durch Gesetze und Zensurbestrebungen gegen sexuelle Freiheit vorzugehen, ohnehin oftmals in ihrer Existenz bedroht sind.
Die Branche reagierte daher rasch und schroff auf Tumblrs neue Richtlinien. Einige können sich nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass das Portal seine Existenz zu einem guten Teil den XXX-Inhalten zu verdanken haben dürfte. In der Konkurrenz zu anderen Portalen jedenfalls ist das Angebot der Seite jedenfalls ansonsten längst obsolet.