Die neuste Nische, die zum Megatrend wurde? Fauxcest

bree mills pure taboo
Es ist ein häufig angebrachtes Klischee, dass wir in einer Zeit der Extreme leben. Man könnte die Ausdifferenzierung der Interessen und Trends, der kulturellen Gewohnheiten, Glaubenssysteme und Moralvorstellungen aber auch als den Tod des Mainstreams ansehen. Der war zu ermüdend, zu eng, zu langweilig, um sich an ihn weiter zu halten, während sich alles angefangen von der Digitalisierung bis zu den Quantensprüngen in der Wissenschaft, von der Art wie wir arbeiten bis hin zu dem, was wir essen, immensen Veränderungen unterworfen ist. Und ja, das Thema des Artikels ist Fauxcest, was eine Variante der Inzestpornografie ist, ein Genre, das sich in den letzten Jahren immens anwachsender Beliebtheit erfreut.
Neben der wachsenden Bedeutung und dem zunehmenden Wissen, das die riesigen Datensammlungen von PornHub und xHamster für Erkenntnisse um menschliche Sexfantasien und Pornogewohnheiten bedeuten, sind nach wie vor auch die AVN Awards, die Oscarveranstaltung der Pornobranche, ein guter Indikator für die großen Trends, die nicht nur Auskunft darüber geben, wozu wir als Menschheit masturbieren, sondern auch, worüber wir nachdenken, über heimliche Sehnsüchte und gelebte Sexpraktiken.
Und die diesjährige Award-Zeremonie war ein Triumph für die Produzenten von Fauxcest, einer Variante der Inzestpornografie. Die Pornoregisseurin Bree Mills gewann den diesjährigen Award in der Kategorie Movie of the Year für ihren Film: Half His Age: A Teenage Tragedy. Darüber hinaus hat ihr Studio Pure Taboo den Preis in der Kategorie »Best New Imprint« einheimsen können. Mills Arbeiten sind nahezu ausschließlich auf inzestuöse Rollenspielszenarien fokussiert. Ihr Film »Dysfucktional: Blood Is Thicker Than Cum« gewann in einer Kategorie, die es im Vorjahr noch gar nicht gab: »Best Taboo Relations«.

Inzest ist natürlich in der Pornografie nichts Neues. Es war immer eine stiefmütterlich behandelte Nische, die viele Mainstreamstudios aus Angst vor rechtlichen Problemen lieber vermieden. Das Interesse für Fauxcest jedoch ist eine Riesenwelle und kaum jemand will sich seinen Anteil am Kuchen entgehen lassen. Pornostar Whitney Wright sagt: »Frag irgendeine Darstellerin, wofür sie in diesem Monat gebucht wurde, und sie wird Dir sagen, dass sie 17 Mal Stieftöchter spielen soll. Wir haben uns alle irgendwie daran gewöhnt.«

Jedes Genre und jede Nische scheint von dem Fauxcest-Interesse betroffen. Auch in schwulen Pornos kann man eine Zunahme von Fauxcest-Titeln festsstellen. Ein Drittel der zehn meist gesuchten Begriffe auf PornHub stammt aus diesem Themengebiet: »Mom«, »Step Mom« und »Milf« werden nur noch von »Hentai« und »Lesbian« übertroffen.

Worin aber liegt der Reiz? Was ist das Tabu? Nahezu jeder Bundesstaat der USA und viele Länder der Welt haben strenge Gesetze gegen inzestuöse Beziehungen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb Mainstream-Pornoseiten und -studios das Genre bisher gemieden haben. Fauxcest erlaubt es den Produzenten aber, eines der letzten Tabus der Pornowelt zu umgehen. Die meisten der scheinbar inzestuösen Szenen drehen sich um Figuren, die keine direkten Verwandtschaftsgrade aufweisen. Daher also die Beliebtheit von Begriffen wie »step mom« oder »step sister« und daher das »faux« vor dem »-cest«. Der Grund für dieses Ausweichmanöver dürften weniger moralische Bedenken als recht reale finanzielle Vorsichtsmaßnahmen sein. Die Pornobranche hat ohnehin mit dem Unwillen vieler Zahlungsabwickler zu kämpfen, immer noch weigern sich viele Unternehmen aus dem Finanzbereich mit Pornoproduktionen zusammenzuarbeiten. Kein Pornounternehmen kann Paypal einsetzen, und die meisten Studios wissen, dass der Versuch, mit direkten Verwandtschaftsgraden zu agieren, die Zusammenarbeit mit einem bestehenden Zahlungsabwickler kollabieren lassen könnte. Da aber das Genre immer beliebter wird, ist zu beobachten, dass viele Studios versuchen, die Grenzen immer stärker zu verwischen.

Bree Mills glaubt nicht, dass die Beliebtheit von Fauxcest irgendeine Aussage über kulturelle Veränderung zulässt. Sie zeigt sich überzeugt, dass der Megatrend auch eine sich selbst verstärkende Bewegung bei den Werbern und Produzenten ist: »Ich glaube, dass Pornoseiten einen Trend zu Inzestrollenspielen erkannt haben, viel Inhalte rausgehauen haben, um den Bedarf zu stillen und dann so stark dafür geworben haben, dass es beeinflusst, was die Menschen sehen. So entstand ein geschlossener Kreis – schau Dir PornHub an, da drehen sich alle Werbeanzeigen um Inzest. Das hat dem Genre zu der massiven Beliebtheit verholfen, das es heute hat.«

Bree Mills genießt den Erfolg und die damit verbundene kreative Gestaltungsmacht. Tabus und das konstante Verschieben von Grenzen sind ein wichtiger Motor der Sexbranche. Ihrer Meinung nach ist Fauxcest einfach ideal für die Fantasiewelt, die Pornos nun mal sind: »Das macht es für Autoren so interessant, sich mit Themen zu beschäftigen, die tabu sind. Wenn das real wäre, wäre es schlicht ein Verbrechen; man würde denken: ‚Geht es der Person gut?‘ Man hätte Schuldgefühle. Wenn man sich davon aber dissoziieren kann, dann will man auch dann mal zuschauen, wenn man das im realen Leben ablehnt.«

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