Greg Lansky braucht keinen Sex, um Sex zu verkaufen

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Das Werbemagazin AdAge ist auf den Pornoproduzenten Greg Lansky aufmerksam geworden, dessen erfolgreiches Marketing fast ausschließlich ais einem aufwendig gepflegten Instagram-Account besteht. Dort kann er eigentlich keinerlei expliziten Inhalte zeigen. Sein ausnehmend ungewöhnliches Motto lautet: Wir brauchen keine Pornoinhalte, um Pornos zu verkaufen. 

Bei einem Auftritt bei »Jimmy Kimmel Live« wurde Kanye West kürzlich gefragt, ob sich seine Einstellung gegenüber Frauen verändert habe, seit er Vater von zwei Töchtern geworden ist. Mit einem Grinsen gab er Kimmel gegenüber zu, dass er immer noch Onlinepornos schaue. »Blacked mag ich am liebsten«, sagte er.

Greg Lansky, der 35-jährige Pornoregisseur und Produzent, sah das Interview und hätte nicht glücklicher sein können. Lansky ist der CEO und Gründer von Strike 3 Holdings, der High-End-Porno-Produktionsfirma, die Blacked sowie drei weitere Websites – Vixen, Tushy und Blacked Raw betreibt. Am nächsten Tag lud er den Rap-Superstar ein, einen Porno für Blacked zu drehen, »mit voller künstlerischer Kontrolle für Sie«, versicherte Lansky ihm.

West hat nicht offiziell geantwortet, entschied sich aber dafür, Lanskys Angebot an seine 28 Millionen Anhänger zu retweeten.

»So eine kostenlose Werbung kann man nicht kaufen«, freut sich Lansky. »Für mich ist es der Beweis, dass einige der einflussreichsten Menschen der Welt unsere Marken ansehen.«

Das mag übertrieben sein, aber es war ein großer Sieg für Lanskys relativ junges Pornoimperium. Gestartet im Sommer 2014 – zuerst mit Blacked und dann kurz darauf mit weiteren Webseiten – trat sein Unternehmen in den damals bereits übersättigten und krisengeschüttelten Markt für Online-Pornografie ein.

Heute behauptet Lansky, dass sein Geschäft boomt, und das bereits vor dem kostenlosen Schub durch Kanye West. Seine kostenpflichtigen Webseiten – Abonnenten zahlen etwa $29.95 für ein Monats-Abo – erreichen 30 Million Besucher pro Monat. Experten wie Chauntelle Tibbals, eine Soziologin (und ehemalige Gastwissenschaftlerin an der University of Southern California), die über die Erotikindustrie forscht und schreibt, vermuten, dass Lansky vielleicht die letzte Hoffnung des Pornos ist.

»Während immer mehr Produktionsfirmen übernommen werden, scheint Lansky unabhängig zu sein«, sagt sie. »Während andere Firmen schließen, expandiert Lansky. Während andere Firmen immer mehr Arbeit aus Regisseuren und Crews für immer niedrigere Honorare herausquetschen, sorgen Lanskys hohe Honorare in der Community für Aufsehen.«

Einer der Hauptgründe, warum sich Lansky von Branchengrößen wie Brazzers und Bang Bros, den Fords und General Motors der Pornowelt, abgesetzen konnte, ist nicht nur sein Inhalt. Es ist die Art und Weise, wie er diese Inhalte bewirbt.

»Wir vermarkten alles auf Instagram«, sagt Lansky. »Wir benutzen fast ausschließlich Instagram. Wir benutzen auch Twitter, aber Twitter ist viel weniger bildorientiert. Wir aber sind im Geschäft mit Bildern tätig. Und Instagram ist da die perfekte Plattform.«

Anfang des Jahres veröffentlichte Lansky eine Serie von Fotos der Pornodarstellerin Tori Black auf Vixens Instagram-Seite, auf den Bildern lehnte sie sich waghalsig in schwindelerregender Höhe über der Innenstadt von Los Angeles aus der offenen Tür eines Hubschraubers. Das Foto wurde tausende Male angesehen und geliket, aber was genau es bewarb, wenn es überhaupt etwas bewarb, blieb ein Rätsel. In den Kommentaren zum Fotos wurde keine Website oder Film erwähnt oder auch nur darauf hingewiesen, dass es sich um einen Teaser handelt. Tatsächlich gab es keinen Hinweis darauf, dass Vixen überhaupt etwas verkaufen wollte.

Alle von Lansky betriebenen Instagram-Accounts funktionieren ähnlich. Die Herstellungskosten sind hoch – die Fotos zeigen atemberaubende Orte und teures Spielzeug (mehr als ein paar Rolls Royces), mit Budgets, die laut Lansky bis zu $30.000 pro Aufnahme betragen können. Und die Models posieren häufig in Bikinis und nie anzüglicher als irgendeine Parfumwerbung in einer Zeitschrift wäre. Es mag kontraintuitiv erscheinen, ein Unternehmen in der Erotikbranche so zu bewerben, während die Konkurrenz hart und zahlreich ist, aber Lansky sagt, es sei alles Teil seines Masterplans.

»Ich benutze die Einschränkungen von Instagram als Vorteil«, sagt er mit deutlichem französischen Akzent. »Wen kümmert es, wenn wir keine Inhalte für Erwachsene in Social Media zeigen können? Es sind eh schon zu viele Pornos online. Sie können einfach das Wort Porno googlen und zwei Jahres ihres Lebens damit verbringen, auch nur einen Bruchteil davon anzusehen. Was soll das bringen? Was ich herausgefunden habe, ist, dass wir mehr Aufmerksamkeit bekommen können, wenn wir unsere Stärken ausspielen. Wir sind im Geschäft mit Bildwelten. Wir können das besser als die meisten Werbeagenturen. Wir brauchen keine Erwachseneninhalte, um Erwachseneninhalte zu verkaufen.«

Lansky lehnt es ab, genaue Kennzahlen zu teilen, aber er sagt, dass der Traffic auf seinen Instagram-Seiten stetig gewachsen ist, 240 Prozent mehr als im letzten Jahr allein auf der Vixen-Seite, und dass die Follower über alle Marken hinweg nun 2 Millionen überschreiten. Er hat keine Möglichkeit zu wissen, ob seine Social Media Aktionen seinen Pay-Sites direkt zugute kommen. Wenn Kunden ihn finden wollen, müssen sie Instagram verlassen und selbst suchen. Und das, behauptet Lansky, funktioniert.

»Die Leute sind nicht dumm«, sagt er. »Wenn sie dich finden wollen, werden sie es tun. Und wenn es schwieriger ist, dich zu finden, wenn sie sich bemühen müssen, dich aufzuspüren, werden sie dich noch mehr wollen.«

Er zielt nicht auf den durchschnittlichen Pornokonsumenten, der genau weiß, wo er kostenlos und in unendlichen Mengen Pornos findet. Seine Inhalte und seine Instagram-Feeds, die er benutzt, um sie (indirekt) zu bewerben, richtet sich an das, was er als ein (zumindest in den letzten Jahrzehnten) meist ignoriertes und unterrepräsentiertes Segment des Pornomarktes erachtet.

Lanskys Lieblingserklärung, warum er so viel Geld ausgibt, um seine Erwachsenenseiten auf Instagram, einer Social-Media-Plattform, die weder Nacktheit noch Content-Links erlaubt, zu bewerben, ist der Vergleich mit dem wegweisenden TV-Spot »1984« für Apple Macintosh PCs.

»Er hat das Produkt nicht gezeigt«, sagt er über den berühmten von Ridley Scott inszenierten Spot, in der ein Läufer inmitten einer Orwellschen Szenerie einen Hammer auf einen Schirm warf. »Es zeigte keinen Kerl neben einem Computer, der erklärt, was alles funktioniert. Es war nur eine superstarke Bildsprache, die irgendwie Sinn machte, aber nicht wirklich. Was hat das alles mit Computern zu tun? Ich habe keine Ahnung, aber ich erinnere mich an die Werbung, die viele Leute dazu brachte, Computer zu kaufen.«

Lansky macht seit Anfang der 2000er Jahre Pornos, nachdem er in seiner Heimatstadt Paris einen Freund aus der Kindheit getroffen hat. Sie erinnerten sich an eine Zeit, in der sie durch alte Playboy- und Penthouse-Magazine blätterten, und sie beschlossen, es mit Pornografie zu versuchen. Lansky hatte Reality-Shows in Frankreich produziert, und er sehnte sich nach einem Weg, ein Imperium aufzubauen. Sein erster Pornofilm war das Resultat einiger Trickserei; er wurde mit einem Darlehen von den Eltern seines Freundes finanziert (diese dachten, es hätte etwas mit Immobilien zu tun), in dem Film setzten sie einen deutschen Schauspieler mittleren Alters ein und die Verleihrechte wurden schließlich von einem deutschen Produzenten gekauft. Der Film war »beschissen«, so Lansky, aber er weckte seinen Appetit auf das, was er sonst noch mit ein wenig Einfallsreichtum schaffen konnte.

Lanskys Vision war es von Anfang an, Filme zu machen, die an die Zeit des Sexkinos erinnern, in der »Boogie Nights« spielte, als Pornos auf Rollen gedreht wurden und die Darsteller wie Superstars behandelt wurden und nicht nur als Fleisch. Als Regisseur und Produzent kann er phänomenale Erfolge in der Branche feiern, kommerziell wie auch künstlerisch. Oder zumindest die pornografische Version von künstlerisch. Er hat in den letzten drei Jahren den begehrten Director of the Year Award bei den AVN Awards gewonnen, das hat vor ihm nur ein anderer geschafft.

Aber so sehr er auch von der Branche gelobt wird, sie ist sich auch nicht sicher, was sie von ihm halten soll. »Jahrelang konnte ich niemanden dazu bringen, mich zu finanzieren«, sagt Lansky. »Ich habe den Leuten gesagt, dass mein Geschäftsmodell darin besteht, extrem teure und hochwertige Filme zu machen und das zu einer Zeit, als die Piraterie am schlimmsten war. Alle hielten mich für verrückt.«

Misstrauisch waren sie auch gegenüber seinem unkonventionellen Marketingansatz. Anstatt ein Publikum für seine bezahlten Inhalte aufzubauen, indem er die größte und lauteste Stimme in einem bereits überfüllten Markt für Online-Pornos wird, wollte Lansky genau das Gegenteil tun: seine Seiten nicht mit Marktgeschrei, sondern mit einem Flüstern bewerben.

Lansky argumentiert, dass das Problem mit modernen Pornos – und mit Mainstream – Internet-Marketing insgesamt – ist, dass sie die Verbraucher wie eine Marke behandeln. »Die ganze aggressive Mentalität von ‚Hier klicken‘ mit einem riesigen auffälligen Banner ist wertlos«, sagt er. »Die Leute reagieren nicht darauf. Sie wollen nicht gestört werden.« In einer aktuellen Umfrage von Kantar Millward Brown waren 71 Prozent der Befragten der Meinung, dass Online-Werbung zu aufdringlich geworden sei. »Es ist 2018 und wir haben alle wenig Zeit«, fährt Lansky fort. »Ich bin beschäftigt, ich will nicht ausgetrickst werden, um zu sehen, was du verkaufst.«

Wenn seine Konkurrenten vorher auch kritisch waren, ist es schwer, jemanden in der Branche zu finden, der noch immer bereit wäre, seine Marketing-Taktiken in Frage zu stellen. Pete Housley, der CEO der erwachsenen PR-Firma Naughty Business, glaubt, dass Lansky in eine Branche gebrochen ist, »die immer noch denkt, dass Pop-unders und Spam funktionieren.« Lansky ist einzigartig, sagt er, »weil er mit einem echten Plan angefangen hat und diesem Plan treu geblieben ist.«

Aber manche Kritiker sind nicht so beeindruckt. Dr. Gary Schirr, Marketingprofessor an der Radford University in Virginia, ist sich nicht so sicher, dass Lansky »seine Strategie gut umsetzt. Auch in meiner begrenzten Instagram-Nutzung, habe ich Auftritte gesehen, die ich für besser halte. Ich finde seine Bilder und Videos nicht allzu überzeugend, andererseits bin ich weit entfernt von dem, was ich als sein Zielpublikum vermute.«

Aber die Soziologin Tibbals meint, dass es weniger um die Bilder geht, als darum, welche Gefühle diese Bilder beim Betrachter hervorrufen. Diese Philosophie gilt nicht nur für sein Instagram-Marketing, sondern auch für seine Filme. Lansky präsentiert seine Marke nicht als expliziten Sex, sagt sie (obwohl es das natürlich ist), sondern als Lifestyle, als Haltung und Weltanschauung – die Autos, die Häuser, die Hubschrauber, die unendlichen Pools. Lansky wirbt für seine Seiten auf eine Art und Weise, die sich weigert, das, was er tut, als Schmutz zu betrachten.

Dieser Ansatz erlaubt es Menschen, »die über Pornos zurückhaltend oder völlig voreingenommen sind, den Inhalt mit weniger persönlichen Ängsten zu konsumieren«, sagt Tibbals. »Es hat auch dazu beigetragen, dass sich Stolz unter den Darstellern und anderen Mitgliedern seiner Community verbreitet. Diese Sprache wurde von unzähligen Darstellern und Produzenten übernommen.«

Zumindest nach Zahlen gewinnt Lansky den Instagram-Popularitätswettbewerb gewiss nicht. Selbst nach der Unterstützung durch Kanye West hat der Instagram-Account vonn Blacked nur 963.000 Anhänger. Es ist die größte Marke von Lansky. (Vixen und Tushy haben ein paar hunderttausend Follower weniger.) Die Branchenführer haben immer noch einen beträchtlichen Vorsprung; Brazzers und Bang Bros haben 4,8 Millionen bzw. 3,8 Millionen Anhänger. Lansky aber wähnt sich dennoch in Führung. In seinem Kopf ist er der David, die Konkurrenz Goliath.

»Ich ziele nicht auf die Mitte des Stadions«, sagt Lansky. »Da sind alle, die jemals Pornos gesehen haben. Es sind Millionen und Abermillionen von Menschen. Du wirst sie nie von dem kostenlosen Zeug weglocken. Ich hingegen will die Aufmerksamkeit der verrückten Motherfucker, die eine limitierte Auflage wollen. Diejenigen, die in der Schlange auf etwas warten, wenn es schwer zu bekommen ist, und nichts dagegen haben, dass es etwas kostet, solange es sich lohnt, dafür zu bezahlen.«

Erneut benutzt er Apple als Vorbild. »Ich mache Pornos für die Jungs, die zwei Tage vor einem Apple Store warten, um ein neues iPhone zu bekommen“, sagt er. „Es gibt sie. Wenn du etwas Schlichtes, Schönes und Bemerkenswertes machst, und nicht jeder es haben kann oder weiß, dass es existiert, werden sie kommen.«

Wird einer seiner kommenden geschmeidigen und wunderschönen Filme eine Regiearbeit von Kanye West beinhalten? »Wir werden sehen«, lacht Lansky. Wenn das passiert, so verspricht er, dass das Publikum es zuerst auf Instagram erfährt.

QuelleAdAge

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