O-School, die Onlineschule für Sex und Orgasmen öffnet im Oktober

Foto: Andrea Barrica, O.School-Gründerin Andrea Barrica
Foto: Andrea Barrica, O.School-Gründerin Andrea Barrica

»Das Problem, das ich vor einigen Jahren hatte, war dieses: warum besteht das Internet nur aus Planned Parenthood auf der einen und Pornhub auf der anderen Seite und nur sehr wenig Angeboten in der Mitte?«, fragt Barrica im Interview. Während sie zwar von der Plattform für weibliche Lust OMGYES einiges lernen konnte und auch den Sex-Guide für Teens Scarleteen hilfreich fand, blieben die interessantesten Informationen Offline-Workshops von Sextoy-Unternehmen wie Good Vibrations vorbehalten. Die aber konnten immer nur ein paar Dutzend Leute auf einmal erreichen, während Onlinekurse das Potential bieten, Tausende zugleich mit Informationen zu versorgen.

Während Investoren im Silicon Valley normalerweise nicht unbedingt nach Frauen suchen, die Menschen über Orgasmen und Pornos aufklären, konnte Barrica dennoch überzeugend argumentieren, dass O.School genau zur richtigen Zeit auf den Markt kommen würde.

»2009 waren Single-Frauen in den USA zum ersten Mal in der Mehrzahl gegenüber verheirateten Frauen«, erzählt sie. »Laut der letzten Erhebung geben Millenials doppelt so häufig an, sich als LGBTQ zugehörig zu identifizieren, was bedeutet, dass es eine Menge Menschen gibt, die niemals die für sie richtige Aufklärung bekommen haben. Sextoys haben momentan einen Marktumfang von 15 Milliarden Dollar jährlich, man geht davon aus, dass der Umsatz bis 2020 auf 50 Milliarden Dollar anwachsen wird. Wenn sich die Einstellungen ändern, wird das also ein sehr interessanter Markt. Ich glaube nicht, dass Fifty Shades of Grey vor 10 Jahren möglich gewesen wäre.«

O.School will da ansetzen, wo die Sexualerziehung aufgehört hat, und die Themen behandeln, die die meisten Schulen auslassen – alles, von der sicheren Anwendung von Sextoys bis hin zur Praxis von ethischer Nicht-Monogamie. Dennoch war Barric sehr überrascht, dass, wann immer sie Fragen von College-Studenten und Betatestern bekam, diese im Wesentlichen sehr grundlegende Fragen waren. Eine Frau an einer Elite-Universität hat ihr unter Tränen erzählt, dass sie nicht einmal gewusst habe, dass Frauen sexuelle Lust empfinden können. Andere fragen sie danach, wie Selbstbefriedigung funktioniert. »Ich dachte, mir würden allerlei interessante Fragen gestellt«, sagt sie. »Aber es geht fast immer nur um grundlegende Fragen der Anatomie.«

Viele der Fragen sind auch sehr schambehaftet«, sagt sie. »Wie sage ich meinem Partner, dass ich dieses oder jenes mag?« oder auch »Wie kann ich mich besser damit fühlen, Pornos zu gucken?« Eine Frau fragte sie: »Darf ich Schamhaare haben?«

In der Tradition guter Aufklärungsarbeit hat Barrica einige Fragen zusammengetragen, die ihr am häufigsten gestellt werden. Sollte eine der Ihren also dabei sein, kriegen Sie hier Ihre Antwort:

»Wie sage ich zu etwas ’nein‘, dem ich schon zugestimmt habe?«

Viele sind sich unsicher, wie sie ihre Zustimmung rückgängig machen können, wenn die Situation anders verläuft, als sie es erwartet haben. Barrica antwortet Menschen auf diese Frage sehr schlicht. Sie sagt: ‚Nein‘ ist bereits ein ganzer Satz. Wenn man sich damit aber unwohl fühlt, rät sie zu folgenden Sätzen: »Macht es dir etwas aus, langsamer zu machen?« oder »Können wir rausgehen?« Ganz gleich, wie weit es auch schon gekommen ist, Barrica macht deutlich, dass man seine Zustimmung jederzeit zurücknehmen kann.

»Ist meine Vulva normal?«

»Es gibt viel Vulva-Scham«, so Barrica und verweist darauf, dass Schönheitsoprationen an den Schamlippen zum am schnellsten wachsenden Bereich in der Schönheitschirurgie gehört. Barrica hat herausgefunden, dass viele Frauen diese Unsicherheit von jemand anderem bekommen haben, ohne sich selbst ihre eigene Vulva anzusehen. Daher ermutigt sie andere Frauen, sich einen Handspiegel zu holen und mal genauer nachzusehen. Sie verweist auch auf die Instagram-Seite Club Clitoris, die Vulvas in all ihren Formen und Abstufungen versammelt. Sobald Menschen die Vielzahl an Gestalten und Formen gesehen haben, die Genitalien annehmen können, und nicht nur jene kennen, die in Pornofilmen gezeigt werden, ist es leichter, den eigenen Körper als normal anzusehen.

»Ist es anti-feministisch, wenn ich Sub bin?«

Viele Frauen sind besorgt, dass im Bett devot zu sein, Gender-Klischees verstärke, insbesondere, wenn ihre Partner Männer sind. Doch Barrica glaubt, dass sexuell unterwürfig zu sein und Feministin zu sein sich nicht gegenseitig ausschließen. »Oftmals hat die Person in der Rolle des Subs eine Menge Macht«, erklärt sie. »Wer einfach davon ausgeht, dass jemand, dem als Sub Schmerzen zugefügt werden, keinerlei Macht habe, unterliegt einem Missverständnis von Fetischen und BDSM und den vielen Wegen, in denen diese Spielarten Frauen befreien können, ganz gleich ob sie dabei dominant oder unterwürfig, masochistisch oder sadistisch sind. Diese Fragen stammen von Leuten, die es von außen beobachten. Und Fifty Shades of Grey hat keinen sonderlich guten Job dabei gemacht, gesunde BDSM-Beziehungen darzustellen.« Sie empfiehlt daher, dass Frauen, die besorgt sind, sich in ihren BDSM-Beziehungen demütigen zu lassen, mit ihren Partnern zu sprechen, um sicherzustellen, dass die Ansichten zur Geschlechterfrage die gleichen sind und das Erlebnis befreiend ist.

»Wo finde ich Pornos, durch die ich mich nicht vor mir selbst ekele?«

Wenn sich jemand schlecht fühlt, weil er oder sie Pornos schaut, sind sie meist in Sorge, was dies über sie aussagen könnte. Barrica erinnert aber daran, wie verbreitet pornografische Inhalte sind. Doch manchmal ist es auch dann schwer, Pornos zu finden, wenn man eigentlich kein Problem mit Pornografie hat, aber keine erniedrigenden Darstellungen sehen möchte – das gilt insbesondere für Frauen. In diesem Fall empfiehlt Barrica feministische und queer-freundliche Pornoseiten und Produzenten wie CrashpadSmartass ProductionsLustCinemaPink Label und Lady Cheeky.

Viele der Fragen, die Barrica bekommt, können mit einer einfachen Botschaft beantwortet werden: »Verurteile Deine Sehnsüchte nicht. Du magst halt, was Du magst. Alle Körper sind Körper, die es verdienen, Lust zu empfinden. Du bist vollkommen in Ordnung. Sprecht miteinander. Achtet darauf, was der andere will, ob er oder sie will. Besprecht alles.«

Wer weitere Fragen hat, kann sich schon mal anmelden, um informiert zu werden, wenn die O.School ihre digitalen Pforten im Oktober öffnet.«

QuelleGlamour

Kommentar hinterlassen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein