
Das in New York beheimatete Magazin PAPER hat sich mit dem Pornostar Stoya getroffen. Das Interview, das sich weite Strecken um Consent und #MeToo und die Stellung von Sexarbeitern dreht, reiht sich ein in die vielen nachdenklichen Interviews mit Pornodarstellerinnen, die in den letzten Monaten erschienen sind.
PAPER: Du bist ja schon irgendwie die Kim Kardashian der Pornowelt, also wenn Kim Kardashian eine querköpfige Kunststudentin wäre.
Wow, was für ein Kompliment.
PAPER: Selbst Menschen, die gar keine Pornos schauen, wissen, wer Du bist. Ist das nicht großartig?
Ja, das ist schon irre. Und auch etwas bizarr. Ich habe mich nie daran gewöhnt. Ich bin eines Tages aufgewacht und dachte: »Oh, mein Gott, ich komme gerade von einem Dreh aus Paris und muss jetzt die Korrekturen zu meinem ersten „Buch“ durchgehen. Da dachte: „Okay, das ist also jetzt mein Leben. Wie cool.“
PAPER: Kommen Menschen, die Dich erkennen, auf Dich zu?
Das ist unterschiedlich. Einmal habe ich mit Freunden in Brooklyn gegessen, und da kam ein Mädchen die Straße entlang. Und sie sagte: »Oh mein Gott, das ist Stoya! Ich werde meinen Zug verpassen!« Und sie stand da wie vom Blitz getroffen und ich sagte: »Beeil Dich, Dein Zug fährt!«
PAPER: Wenn man Dich erkennt und sich Dir nähert, legt das ja auch nahe, dass das Gegenüber Pornos guckt. Wenn das kein Hinweis darauf ist, dass wir auf eine sexpositive Welt zusteuern.
Yeah, manchmal sehen mich Leute im Café und tweeten: »Ich glaube, ich habe gerade Stoya gesehen.« Und zwar von einem Twitter-Account, der nicht völlig anonym ist. Es ist interessant, dass Menschen bereit sind, zuzugeben, jemanden zu erkennen, der letztlich ein Sexarbeiter ist.
PAPER: Sind wir kurz vor dem Ende des Stigmas?
Das ist vielschichtig. Einerseits glaube ich, dass es eine Art Pendeleffekt bei Sexualität und mit Sex verbundenen Berufen gibt. Wir werden also erst offener und dann wieder schockierter. Das geschah in den 70ern mit Deep Throat und Pornoschick. Und es geschah in den frühen 90ern mit Jenna Jameson, und dann gab es Sasha Grey und Joanna Angel und mich. Nun gibt es viele von uns, an denen die Menschen Interesse haben. Das ist es, glaube ich, was den Fortschritt erkennbar macht.
Der Trans-Darsteller Bailey J sprach vor der Trans Community und sagte: »Ich wünschte, wir könnten an den Punkt kommen, an dem es Platz für mehr als nur einen von uns gibt, so dass ich verdorben sein kann, ohne dass Leute gleich Rückschlüsse auf alle Trans-Frauen machen.« Sie schrieb das auf Twitter, und ich hab das gelesen und wollte gleich 600 Herzen verteilen und meinen Laptop umarmen und sagen »Ja, genau so!« Ich glaube, wir erreichen mit Pornografie den Punkt, an dem es nicht mehr Highlander ist, und das ist großartig – das erlaubt es mir, Angebote abzulehnen, die nicht wirklich zu mir passen oder mich vor Herausforderungen stellen, die ich nicht annehmen will.
PAPER: Man steckt Dich gern in die sexy Alt-Art-Girl Kategorie. Ist das seltsam für Dich?
Nun ja, ich bin Hipster, ich lebe in Brooklyn, ich habe zwei Katzen. Ich bin ein riesiger Nerd, der im Mainstream als attraktiv gilt. Ich mag meine dicken, schwer zu lesenden Bücher, die mein Hirn anstrengen, immer noch. Es kann sehr sehr schwer sein, eine öffentliche Frau zu sein, insbesondere wenn man im Netz immer verfügbar ist. Noch mal mehr, wenn man Sexarbeiter ist, und dann nochmal mehr, wenn Du auch bei anderen demografischen Sonderfällen einzuordnen bist.
PAPER: Du bist so viel zugänglicher, als es VHS-Pornostars waren.
Der Nachteil ist aber natürlich, dass man täglich vor Hunderttausenden bloßgestellt ist, wenn man so schräg ist wie ich. Man erhöht dabei aber auch die Chance, andere schräge Leute zu treffen, das hat sich also gut ergeben. Bei Messen ist es manchmal so, dass nur neugierige Gaffer da sind, dann ist es wirklich langweilig. Dann aber taucht jemand auf, der ähnliche Bücher mag oder so was, und schon ist man in ein halbstündiges Gespräch vertieft. Da sagt der andere dann: »Tut mir leid, ich will Dich nicht aufhalten.« Und ich dann: »Nein, bleib. Du bist großartig.«
PAPER: Verfolgen Dich auch Leute? Also Trolls?
Letztes Jahr habe ich meine Social Media Accounts meiner Assistentin gegeben, ich sende ihr also die Entwürfe, Tweets und Bilder, und sie kümmert sich dann. Ich schaue mir nicht an, was die Leute dazu schreiben. Das ist großartig, weil es leider stimmt: 10 Menschen sagen nette Dinge und einer schreibt etwas wirklich Gemeines, und dann fühlt man sich hinterher schlecht.
PAPER: Die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit sind unberechenbar.
Das ist wirklich tragisch. Wir haben drei Pornodarstellerinnen verloren.
PAPER: Darüber wollte ich gerade mit Dir reden. Es sind sogar fünf.
Fünf? Jesus! In den letzten beiden Monaten?
PAPER: In den letzten drei Monaten.
Und es gibt wirklich nicht so viele von uns. Vor vier oder fünf Jahren habe ich mit der Frau gesprochen, die damals die Organisation geleitet hat, und ich fragte sie um eine ungefähre Einschätzung, wie viele Pornodarsteller es ungefähr gäbe. Und sie vermutete 700 bis 1000. Dann fragte ich einen Journalisten, der über die Pornobranche berichtet, und der meinte: »Ja, das klingt ungefähr richtig, vielleicht etwas zu hoch.« Es gibt natürlich noch viele andere Dinge, die wie Pornos sind, also eigene Amateurpornos auf Clips4Sale stellen und dergleichen. Aber Pornostars, die regelmäßig an professionellen Sets drehen …
PAPER: Es gibt einen Grund, weshalb man sie Stars nennt.
Richtig. Und deshalb ist der Verlust von fünf in drei Monaten völlig verrückt. Ich muss also annehmen, dass der ganze Müll, mit dem wir konfrontiert werden und was die Leute zu uns sagen, dass das wohl dazu beitragen dürfte.
PAPER: Von den fünf sind zwei an Überdosis gestorben, eine hat sich das Leben genommen, und eine ist im Schlaf gestorben (ein toxikologischer Bericht steht noch aus). Nur eine ist an natürlichen Ursachen, einer Entzündung der Harnwege verstorben. Unter Sexarbeitern sind Pornostars die sichtbarsten. Kümmert man sich jetzt besser um Dich?
Nein, wir verdienen nicht annähernd so viel, wie die Leute glauben. Es gibt auch nur wenig Mitarbeiter. Einige Darsteller und Darstellerinnen haben bei Autogrammstunden Security, einen Manager, einen Assistenten, und vielleicht ist noch der beste Freund dabei. Wenn ich Messen mache, bin ich immer allein. Einmal habe ich jemandem gedroht, ihn mit Superskin Arschlöchern zu verprügeln. Der Typ hat meinen Arm gegriffen, und es war ein langer Tag, und ich hatte einfach genug. Ich sagte: »Ich werde Dich mit meinen Superskin-Ärschen verprügeln!« Da war er ziemlich verdattert.
PAPER: Da Pornografie etwas so Intimes ist, glauben die Menschen vermutlich, dass sie eine persönliche Verbindung zu Dir haben – so als wärst Du die Freundin Amerikas.
Das zum einen und zum anderen haben sie das Gefühl, mir Dinge anvertrauen zu können, die sie anderen und zu anderen Gelegenheiten nicht teilen würden. Viele Camgirls berichten das auch. Es gibt da eine therapeutische Komponente in diesem Beruf, die recht anstrengend sein kann. Auf der einen Seite handelt es sich dabei um Leute, die sich dazu noch nie jemandem öffnen konnten. Es gibt also ein Bedürfnis, das Dich da braucht, aber ich habe keinerlei Ausbildung dafür. Und für gewöhnlich ist das heftiges Zeug.
Kommen wir nochmal auf die fünf Frauen zurück, die gestorben sind. Wie können wir so etwas verhindern?
Ich habe absolut keine Idee. Jede denkbare Lösung öffnet eine eigene Box der Pandora, das liegt bei mir daran, dass wenn man mich ideologisch unbedingt einordnen müsste, dann wäre ich eine konservative Anarchistin. Ich glaube stark an Selbstbestimmung, weshalb jedwede Form von Zensur für mich … also psychologische Tests einzuführen, bevor jemand als Sexarbeiter arbeiten darf? Das wäre völlig inakzeptabel. Insbesondere, weil Leute mit atypischen Psyche Zugang zu Jobs haben müssen, die wie Sexarbeit flexible Arbeitszeiten zulassen. Ich beispielsweise habe ADHS, und ich konnte nur deshalb so viel im Pornogeschäft erreichen, weil ich von Zuhause aus arbeiten konnte – ich kann meinen Arbeitsplan vollkommen selbst bestimmen.
PAPER: Als Du anfingst, hast Du da eher psychische Schwierigkeiten gehabt als heute, da Du etabliert bist?
Als ich darüber nachdachte, Hardcore Pornos zu machen und bei einem Studio einen Vertrag zu unterschreiben, habe ich nachgedacht: »Möchte ich je mit Kindern arbeiten? Will ich je in die Politik? Oder auch: was ist, wenn ich mich mit 30 dazu entschließe, mit einem monogamen Partner zusammen zu leben und ein normales Leben leben möchte? Ich habe die gesundheitlichen und sicherheitstechnischen Aspekte abgewogen und mir die Methoden zur Reduzierung der Folgeschäden angesehen, die in der Pornografie damals eingesetzt wurden, und diese Methoden sind in den letzten 10-12 Jahren besser geworden. Was ich aber nicht bedacht habe, ist, was geschehen würde, wenn meine Karriere abheben würde, da ich dachte: »Ich bin dieses schlaksige, relativ schmalbrüstige Mädchen. Ich bin nicht sehr kurvig. Ich bin keine Sexbombe.« Ich dachte, ich würde ein paar Filme machen und ein wildes Abenteuer erleben. Es ist anders gekommen. Da gab es kein zurück mehr, kein Abbremsen. Es wurde einfach sehr rasch zu einem Teil meines Lebens, und ich musste mich damit beschäftigen. Ich habe meine ganze Karriere hindurch damit gerungen.
PAPER: Was hältst Du von der Situation der Sexualität in der Gesellschaft?
Ich merke, dass eine öffentliche Diskussion darüber in Gang kommt, wie kläglich sexuelle Aufklärung scheitert – dass die Leute Sachen letztlich aus Pornos lernen, auch Gespräche darüber, welche Art Pornos wir sehen sollten.
PAPER: Welche Art Pornos sollten wir sehen?
Ich glaube, dass wir darüber nachdenken könnten, wie eine Organisation aussehen müsste, die ethische Siegel verlieht. Wie könnte die aussehen und selbst ethisch sein?
PAPER: Richtig. Ein bisschen wie der Unterschied zwischen Fast Fashion und nachhaltiger Mode.
Genau. Wir könnten darüber nachdenken, wie man Konsumenten helfen kann, die Pornos sehen möchten, die auf ethische Weise oder besser noch hergestellt wurden. Und wir könnten Konsumenten dabei helfen, Pornografie zu finden, die unterschiedliche Sichtweisen auf Sex präsentiert – jene, die eher auf individuelle Verbindungen fokussiert sind.
PAPER: Du möchtest eine Art Siegel, das besagt, dass die Darsteller glücklich und angemessen entlohnt sind?
Naja, »glücklich« ist ein problematischer Begriff – insbesondere in der Pornografie, denn es gibt ja die Erwartungshaltung, dass der Darsteller an den Drehort kommt, darstellt glücklich zu sein, die Szene, den Job und auch hinter den Kulissen und bei der Bewerbung hinterher in den sozialen Medien soll er überall glücklich scheinen. Das sind eine Reihe an Aufgaben, die mit der Zeit immer mehr geworden sind. Ich glaube nicht, dass es eine angemessene Erwartung ist, dass Arbeiter glücklich zu sein haben. Manchmal muss man einfach seine Miete bezahlen und dann reißt man sich zusammen und macht etwas, das man vielleicht lieber nicht tun würde. Vielleicht würde man mit einem bestimmten Darsteller nicht arbeiten, auch wenn eigentlich nichts gegen ihn spricht. Vielleicht gibt es einen Notfall und Deine Ersparnisse sind aufgebraucht, und Du denkst Dir: »Scheiß drauf, das mache ich jetzt.« Und dann muss man vor der Kamera liefern. Es ist dann höflich, dass man zumindest für den anderen Darsteller ein freundliches Gesicht aufsetzt, doch auch darüber hinaus ist »Glück« ein schwieriges Konzept.
PAPER: Ich nehme an, dass Konsumenten einfach wissen wollen, dass die Menschen vor der Kamera die gleichen Rechte haben wie sie sie in ihrem eigenen Beruf auch haben.
Dass sie also aus freiem Willen dort sind, soweit das eben im Kapitalismus möglich ist.
PAPER: Genau, denn ob man nun im Pornogeschäft arbeitet oder in einem Bürojob, die Frage der Ausbeutung könnte sich in beiden Fällen stellen.
Ja, das kann man in jeder verdammten Branche fragen. Wir müssen einfach aufhören, hysterisch zu sein und ein realistisches Gespräch über Pornografie führen. Ich will nichts mehr über ein Verbot hören. Das wird nicht funktionieren. Ich möchte echte Debatten hören, die sich mit der Realität von Pornografie im Kontext der uns umgebenden Realitäten beschäftigt. Anwälte machen oft Dinge, die fragwürdig sind, aber keiner fragt deren Eltern, wie die sich mit dem Job ihrer Kinder fühlen. Keiner stürmt in eine McDonald’s Filiale und fragt: »Sind Deine Eltern nicht sehr enttäuscht?« Keiner fragt einen Arzt im Krankenhaus, ob er nicht Angst habe, sich an einer unheilbaren Krankheit anzustecken.
PAPER: Es ist interessant, was die Gesellschaft in der Sexindustrie als moralisch inakzeptabel ansieht, obwohl jeder hinter verschlossenen Türen vermutlich selbst daran teilnimmt.
Genau, und ich versuche Pornos verlässlich so zu machen, wie ich meinen ersten Film gemacht habe, voller Selbstbezüge. Es war ein Porno über Pornografie, auf sehr abstrakte Weise. Wenn Du etwas anderes als Vanilla Sex siehst, dann ist es so, weil ich das so will. Einmal hatten wir einen Dreh in einem Hotelzimmer. Ich drehte mit Wolf Hudson und Micky Mod, und wir waren halb durch die Szene, als ich sagte: »Moment, hier sind zwei Penisse? Ich bin noch nie von zwei Schwänzen in meiner Vagina penetriert worden. Ich würde das gern machen.« Und da sagten die: »Ja, klar, wenn Du das so willst.« Es war etwas unethisch von mir, das mitten in der Szene zu fragen.
PAPER: Wie funktioniert das überhaupt vom Bewegungsablauf?
Ein Mann liegt dazu mit dem Gesicht nach oben, und dann steige ich auf und der andere Mann kommt dazu. Man ist sozusagen ein Sandwich, man muss allerdings sozusagen einen umgekehrten Kegel bilden. Dabei kann man in sein Zwerchfell oder in seinen Beckenboden atmen.
PAPER: War das lustvoll?
Das schon, aber wenn man sehr angespannt ist, tut das fürchterlich weh. Wenn man extrem entspannt ist, ist es großartig.
PAPER: Es ist großartig, dass Pornostars an der Diskussion um #MeToo teilnehmen. Es scheint, als wäre ein kultureller Punkt erreicht, an dem die Pornobranche sich zu anderen Branchen gesellt.
Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass Amerika ein großes Land und die Welt ein riesiger Ort ist. Vor ein paar Jahren war ich auf einer Messe in Dallas, und das hat mir wirklich die Augen geöffnet. Die Stadt wollte uns nicht. Da ist jemand mit einer Paintball-Gun an dem Hotel vorbeigefahren, und es gab viele, unangenehme Demonstranten. Einer der Darsteller wurde geschlagen. Einige, die Eintritt bezahlt haben und an den Stand kamen, fragten, ob wir Opfer von Menschenhandel wären. So viel Missverständnisse gibt es da draußen.
Zu #MeToo ist es für mich so, dass mich die wirklich tollen Männer in meinem Leben fragen: »Was können wir tun?« Vielen heterosexuellen Männern will man sagen: »Wenn Du glaubst, dass etwas getan werden muss, dann finde raus, was Du tun kannst.« Ich verstehe diese duckmäuserischen Männer nicht. Wenn ich das verstehen würde, könnte ich vielleicht helfen, und denen sagen, was sie tun sollen. Sprich mit einem anderen heterosexuellen Typen und macht das untereinander aus, wie ihr helfen könnt, denn ich habe keine Ahnung.
PAPER: Die sind damit beschäftigt, ihr Verhalten in der Vergangenheit zu analysieren, Augenblicke, in denen sie zu weit gegangen sind. All diese Männer sind durch #MeToo besorgt.
Ich versuche gewiss niemanden zu verteidigen, weil es mich nichts angehen würde, aber wenn ich aus Erfahrung spreche, dann sieht mein gedanklicher Rahmen so aus: »Ich bin eine 1 Meter 67 große Frau, recht schlank gebaut und vor der sich Typen aufbauen, die wollen, dass ich viel lächele.« Ich merke daher öfter nicht, wenn sich der Kontext verändert und wie viel Macht ich in bestimmten sexuellen Interaktionen haben kann. Ich habe vergessen, dass sich jemand vielleicht unwohl fühlt, etwas zu sagen, weil ich eben Stoya bin. Wer würde mir schon was abschlagen, wenn es um Sex geht? Das haben die im Kopf, und weil ich eine Stimme habe, habe ich das Privileg physisch verletzlich zu sein. Das erlaubt mir, zu verstehen, was irgendein normaler Kerl halt nicht internalisiert hat, weil er es noch nie gespürt hat. Jedenfalls weiß jetzt der durchschnittliche Durchschnittstyp ungefähr wie es ist, wenn man so groß ist wie ich und man mit jemandem so spricht, wie man mit mir spricht. Die denken jetzt darüber nach, wie es ist schwarz zu sein und allein deshalb beurteilt, beschimpft oder ausgeschlossen zu werden. Das ist wirklich großartig.
PAPER: Wir müssen auch aufhören, Opfer sexueller Verbrachen dafür zu kritisieren, dass sie nicht weggegangen sind. Wir müssen aufhören, das zu generalisieren.
Die Leute verstehen nicht, wie man starr werden kann, und das ist ein großes Problem, denn man kann andererseits auch einen 18-Jährigen nicht verantwortlich machen, wenn das Mädchen starr wird und nicht sagt, dass der Typ aufhören soll. Dann ist es wirklich eine unglückliche Tragödie.
PAPER: Dann gibt es noch die Ebene, dass Menschen gern gefallen wollen.
Genau, das auch. Es gibt alles Mögliche. Ich mache mir viel Gedanken darum, wie man Angststarre darstellen könnte, so dass sie bei der Aufklärungsarbeit erklärt werden kann.
PAPER: Das könnte sinnvoll sein.
Das wäre sehr sinnvoll. Die Frage ist, wie man das angeht, ohne das Risiko einzugehen, dabei hart angegriffen zu werden. Wenn ich mich damit befassen würde, käme das ins Netz, weil es Sex und mich betrifft. Irgendein Arsch würde das kontextlos über die Tubeseiten verteilen. Es ist also riskant, aber es wäre auch ein wertvoller Beitrag. Andererseits wozu sich Sorgen machen, es würde ohnehin wie Pornos hochgeladen. Die Leute wollen Pornos und die Darstellung von Sex in der Pornografie für solche Probleme verantwortlich machen. Ich weiß also nicht, wie man diese verschiedenen Aspekte des Consents in diesem Kontext darstellen könnte. Ich habe immer Kontra gegeben, und jetzt, da ich autonomer bin, lehne ich Szenen ab, bei denen jeder jeden betrügt. Ich sage dann: »Leute, können wir nicht mal was Neues erzählen? Können wir einen Film über glückliche Schlampen machen? Ich gebe euch meine Autobiografie. Lasst uns das zu einer Sache machen, bei der alle auf Zustimmung des anderen ausgerichtet sind, und bei der jeder weiß, was geschehen wird und zustimmt.«
Aufgrund Deiner Macht kannst Du Deine eigenen Geschichten erzählen, und hoffentlich hat das Folgewirkungen. Wenn etwas erfolgreich ist, ziehen andere ja nach.
Hey, keinen Druck bitte … Nein, das ist schon in Ordnung. Ich sollte inzwischen daran gewöhnt sein.
PAPER: Wir stehen an der Grenze zu einem großen Kulturwandel, und hoffentlich wird der unumkehrbar.
Ich stehe immer kettenrauchend am Rand und sage: »Freuen wir uns mal nicht zu früh, noch sind wir nicht da. Konzentrieren wir uns einfach auf ethisches Miteinander, und dann können wir das vielleicht auch ein paar Minuten feiern, aber es gibt noch einiges zu tun.«
PAPER: Das ist ein pragmatischer Ansatz. Ich bin Optimistin. Du brauchst mich und Du brauchst jemanden, der die Strippen richtig zieht. Letzte Frage: Was gibst Du als Beruf an?
Immer das, wofür ich zuletzt bezahlt wurde.
PAPER: Großartig.