
Das Magazin Allure hat eine spannende Reportage über Vigasisten und Makeup-Artists in der Pornobranche veröffentlicht.
Es ist 9 Uhr morgens am vierten und letzten Tag der AVN Adult Entertainment Expo in Las Vegas, und die Stars wie auch die Makeup-Künstler in der Suite 911 des Paradise Tower sind erschöpft. Die Pornodarsteller, Camgirls und Dominas haben sich im Hard Rock Hotel versammelt, um für die Clip-Plattform iWantEmpire zu arbeiten, und die Stars haben für die Dauer der Messe acht Stunden am Tag Autogramme gegeben, Selfies mit Fans gemacht und ständig im Dienst gewesen. Und wenn die Darsteller der Messe beschäftigt waren, dann waren das die Zuarbeiter hinter der Szene, die die Stars für ihre Auftritte vorbereiten, erst recht. Heute teilen sie ihre Anekdoten und Schönheitstipps mit mir.
»Alle Makup-Künstler fangen irgendwo an, und sie müssen einfach jeden Job machen, den sie kriegen können«, so Rebecca Lee Castro. Rebecca ist Makeup-Artist und Eigentümerin von True Virtue Beauty, einem Kollektiv von ausgebildeten Freelancern, die in Los Angeles und Las Vegas als Makeup-Artists aktiv sind. Sie sagt, dass sie, als sie vor 12 Jahren damit begonnen hat, professionell in dem Bereich zu arbeiten, viele ihrer ersten Aufträge als Assistentin von etablierten Makup-Artist in der Pornobranche stammten. »Irgendwann hatte ich meine eigenen Kunden in der Branche, wie auch im Mainstream-Fernsehen und beim Film.«
Heute Morgen bereiten sich alle für den längsten Tag der Veranstaltung vor: nachdem die Ausstellung um 16 Uhr schließt, begeben sich alle zu den 35. AVN Awards, die man auch die Oscars der Pornobranche nennt. »Es ist ein Marathon, der mit stundenlangem Warten auf das Aufmarschieren am roten Teppich beginnt, der sich der Hauptebene des Hard Rocks entlangschlängeln wird. Dann erst findet die eigentliche Award-Show statt, bei der Branchengrößen die Auszeichnungen in Kategorien wie »MILF Performer of the Year« oder auch »Most Outrageous Sex Scene« verleihen.« Musikalische Gäste führen durch den Abend (dieses Jahr ist der Hauptact Lil Wayner), doch ein Dinner ist leider nicht Teil des fünfstündigen Programms. Nach der Zeremonie sind viele Darsteller vertraglich verpflichtet, an Partys bis in die frühen Morgenstunden teilzunehmen.
Selbst Pornodarsteller, deren Job es ist, großartig auszusehen, wenn es an den Sets rau und sportlich wird, haben unter diesen Umständen wirklich Schwierigkeiten. Ihre Fans aber kommen aus aller Welt, um sie zu sehen und zu treffen, und das heißt, dass sie sich nicht leisten können, zu schwächeln.
Und das gleiche gilt für die Makeup-Künstler. Die ganze Woche hindurch haben Rebecca und drei weitere von ihr gebuchte Schönheitsexperten das Makeup und die Frisuren für zehn Pornodarsteller zu richten, das heißt vollständige Kosmetik am Morgen und Korrekturen den Nachmittag hindurch. Heute Nacht stehen weitere Handgriffe an, bevor die Stars auf den roten Teppich können.
Rebecca erzählt mir, dass ihre Kunden zu etwa 60 Prozent aus dem Mainstream kommen, während die restlichen 40% aus dem Pornobereich stammen. Mit Ausnahme dieser geschäftigen Woche, ist die Pornobranche nicht allzu aufwendig, sagt sie. »Es gibt nur wenige Reaktionen wie ‚Pass auf, dass die nicht zu sehr glänzen‘, wie es im Mainstream-Fernsehen oder beim Film vorkommt. Bei denen ist es am Set okay, wenn sie schwitzen, denn das ist nun mal Teil dessen, was sie an diesem Tag tun werden.«
Rebecca ist als Mormonin aufgewachsen, hat jedoch die beruflichen Möglichkeiten, die ihr die Branche bietet, gerne angenommen. Nachdem ihre Arbeit erledigt ist, bleibt sie aber nicht am Set. Sie kommt früh, bereitet die Darsteller vor und geht, bevor die Action beginnt: »Ich lasse meinen Darstellern in der Regel ein Touch-Up-Kit da, damit sie ausreichend Kosmetika da haben, um sich in den Drehpausen selbst wieder herzurichten.«
»Für mich ist das wie jeder andere Job«, fügt sie hinzu. »Ich schminke gern, und ich kann mich nicht von all dem, was mich umgibt, beeinflussen lassen. Ich kümmere mich um alle Kunden, die zu mir kommen, und ganz gleich, welche Situation auch eintritt, ich stelle sicher, dass sie darauf vorbereitet sind.« Die bizarren Begleiterscheinungen hinterlassen aber dennoch bisweilen ihren Eindruck. »Ich bin bei Film- und Fernsehsets daran gewöhnt, dass es Schminktische gibt«, erzählt sie. »Wenn ich aber bei Pornojobs an den Set komme, dann sind da Gleitgel, Toys, Intimduschen. Und ich sage dann: ‚Kommen die Äpfel neben die Dildos?’«
Der Schminkstuhl hat ebenfalls ungewöhnliche Augenblicke. »Ich habe meist keine Ahnung, was die Requisiten der Darsteller bedeuten, ob die sich damit reinigen oder ihr Rektum leeren oder Buttplugs nutzen, um ihre Muskeln zu entspannen, so Zeug eben«, erzählt sie. »Es kam schon ein paar mal vor, dass ein Model einen Buttplug in sich trug, während ich sie schminkte, und dann begann der wohl zu stören. Also sagten sie ‚Oh, ich brauche einen kleinen Moment‘, und dann sind die direkt vor mir auf alle Viere und haben den rausgeholt. Da dachte ich ‚Phu, das ist ein bisschen mehr Information, als ich gerade wissen wollte.’«
Mit den Jahren hat Rebecca die Tricks der Branche erlernt. Sie sagt, dass Theaterschminke und wasserfestes Makeup favorisiert werden. »Damit kann man schwimmen und alles Mögliche machen, das verschmiert nicht. Letztlich aber ist es so, dass sobald Reibung auftritt, keine Schminke lange hält.«
»Die Arbeit, die wir machen, ist heftig«, so Darstellerin Tasha Reign, während sie in ihrem Stuhl sitzt und Rebecca Makeup aufträgt. »Wir schwitzen einfach die ganze Zeit. Wir haben Sex. Das Makeup muss einiges aushalten.« Andererseits wägt sie ab, dass es auch nicht ewig halten sollte: »Wenn ich eine Szene drehe und am Schluss mein Makeup nicht ruiniert ist, würde ich annehmen, keinen guten Job gemacht zu haben.«
Jenna Sativa, die später den Award in der Kategorie »All-Girl Performer of the Year« gewinnen wird, lacht aus einem anderen Stuhl: »Wenn ich einen Arsch lecke, und mein Co-Star ihren Arsch über mein Gesicht reibt, dann verschmiert alles. Dann denke ich: ‚Was zum Geier! Was ist mit meinen Konturen?’«
Während der AVN Awards muss das Makeup aber dem Ansturm der Fans standhalten, die einen Blick auf ihre Stars erwischen wollen. »Ich muss das hinkriegen, wie die Fans ihre Stars aus Videos und online kennen. Ich möchte sicherstellen, dass die Darsteller das in die Messehallen tragen können«, so Rebecca. Das kann eine ziemliche Herausforderung sein, insbesondere da das Licht auf der Bühne von Overhead-Strahlern stammt und nicht durch sorgsam gesetztes Studiolicht erzeugt wird.

Rebecca ist allerdings eine erfahrene Farbexpertin. Schminkkunst ist »letztlich Malerei«. Ich höre zu, während sie Ash Hollywood den Unterschied zwischen Tupfen und Streichen beim Auftragen von Farbpigementen auf die Haut erklärt. Und Rebecca ist ganz klar eine Meisterin ihres Faches.
»Es gibt viele Makeup-Artists, die sich auf Pornosets nicht wohlfühlen«, so Makeup-Artist und Hairstylistin Dee Castro in einem Gespräch am Vormittag. Dee und Rebecca sind verheiratet und arbeiten häufig zusammen, und diese Woche wurden sie beide über Rebeccas Firma True Virtue Beauty von iWantEmpire angeheuert. »Bei einem normalen Pornodreh sind meine Arbeitstage kaum länger als zwei Stunden, im Gegensatz zu Fernsehen oder Film, da bin ich 12, 14, manchmal 16 Stunden beschäftigt.«
Sie genießt die kreative Freiheit bei der Arbeit an Pornosets. »An normalen Filmsets geht es darum, dass die Darsteller so aussehen, als hätten sie kein Makeup aufgetragen«, erzählt sie. Bei Pornodrehs hingegen »kann man die Augen gegenüber einer nackten Lippe dramatisch in Szene setzen. Doppelte Wimpern. Genug Glitter, dass er auf der Haut ist, aber nicht übertragen wird. Das ist ein Look, der stärker Avantgarde ist, als was wir sonst machen.« Ihre Lieblingshersteller sind Mehron und RCMA, um dramatische Effekte in den Gesichtern zu erzielen.
Dee betont, dass es dabei nicht nur um Wimpern und Lidschatten geht. Schließlich sind es auch in der Pornobranche nicht nur Frauen, die Makeup benötigen. »Für Männer geht es oft um konventionelle Standards: Primer, Grundierung, ein bisschen Herrichtung des Gesichts. Ein Großteil aber ist Körperformung«, sagt sie. »Ich liebe das Formen. Ich liebe Body Painting. Die sagen einem ‚Kannst Du mich etwas stärker herrichten? Ich habe gerade gegessen, ich fühle mich aufgequollen.«

Körperformung, Body Sculpting, erzählt Dee, wird oft durch Airbrushing erreicht. Das konnte ich mir direkt anschauen, als Tasha Reign sich in einem kleinen roten Bodysuit vornüber beugte, damit ihr Hintern mit dem Airbrush behandelt werden konnte. Es ist nicht das erste Mal, dass sie heute nach Airbrush-Arbeit verlangt. »Ich wollte für die Show besonders braun sein, und ich glaube, ich habe mich dabei verbrannt. Ich habe einen heftigen Sonnenbrand. Der ist recht rot und geschwollen, und ich trage einen Einteiler«, erzählt sie mir. »Wir haben das also abgedeckt und niemand hat irgendwas bemerkt.«
Das Airbrushing, Sculpting, das Makeup, sagt Dee, ist alles Teil des »wunderbaren Prozesses«, den ihre Kunden durchlaufen, bevor sie vor die Kamera oder vor Publikum treten. »Die kommen einfach rein, kriegen ihr Makeup gemacht. Doch sobald das abgeschlossen ist, verschwinden sie in ihrer Rolle, dann schlüpfen sie in die Figur, die sie spielen, in ihren Job«, so Dee. »Die Frauen und Männer, mit denen ich arbeite, sind ganz normale Leute. Die müssen nur jeden Tag etwas vorspielen. Und ich habe Glück, daran teilhaben zu dürfen … Darum geht es für mich, um diesen Wandel.«
Riley Reyes, eine Darstellerin, die einen glamourösen, aber leicht zurückgenommenen Look erhält, der zu ihrem Girl-Next-Door-Image passt, stimmt zu: »Wenn man diese Verwandlung vom Alltagsstress in die Rolle vollzieht, dann wirst Du durch ihr Makeup zum Star«, sagt sie. »Da werde ich Riley.« Riley gewinnt zwar heute Abend nicht, war aber nominiert für ihre Arbeit in »Blow Bar 2« in der Kategorie »Best Oral Scene« nominiert.
Während dieser Verwandlungen ist ein Teil des Jobs der Makeup-Artists den Darstellern beizustehen. »Unsere Rolle«, so Dee, »ist die von Therapeuten. Wir müssen immer ruhig wirken und sie herunterholen, damit sie sofort ‚da‘ sind, sobald sie sich aus dem Stuhl erheben.«
Ein Teil dieser Arbeit bedeutet laut Dee, dass man unaufdringlich bleibt. Dee hat immer Kaugummi zur Hand, aber »Ich halte immer den Atem an, wenn ich jemandem nah ins Gesicht komme, es sei denn, dass ich was sagen muss. Und ich habe immer Deo dabei und versuche, gut zu riechen, da man anderen Menschen bei dieser Arbeit so nah kommt, und da kommt es nicht gut, wenn ich nicht ganz frisch bin.«
Teresa, Makeup-Artist und Unternehmerin
Gegen 16:30 ist die Messe offiziell vorbei. Teresa, Makeup-Artist und Eigentümerin des Unique Beauty Salon und Spa meldet sich zum letzten Mal diese Woche in Raum 732 des Casino Towers. Gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Josie Benitez hat sie sich an den vier Messetagen durchschnittlich um sieben Frauen pro Tag gekümmert. Teresa und Josie machen gerade die letzten Makeup-Korrekturen, bevor die AVN Awards losgehen.

Im Auftrag von Savana Styles, eine Pornodarstellerin und Produzentin, die sie für die Messe beauftragt hat, sind sie von Grenada Hills extra angereist. Savana ist vor etwa zwei Jahren in die Branche gekommen, und zu jener Zeit begann sie auch, in Teresas Schönheitssalon zu kommen. Sie und Teresa haben sich sofort großartig verstanden. »Es macht immer Spaß mit ihr«, so Teresa, die seit etwa 15 Jahren als Kosmetikerin arbeitet. »Savana ist immer so guter Laune und ist eine freigiebige, liebe Person. Sie würde alles tun, um einem zu helfen. Ich glaube, dass sie deshalb erfolgreich ist: weil sie so viel gibt und sie deshalb auch viel zurückbekommt.«
Savana hat kürzlich die Branchenlegende und den dreimaligen Gewinner in der Kategorie »Male Performer of the Year«, Lexington Steele, geheiratet. Der kommt und geht immer wieder zu ihr, während Teresa geschminkt wird und sich für den roten Teppich vorbereitet. Heute Abend ist Savana in der Kategorie »Best Double-Penetration Sex Scene« für ihre Arbeit für The Riders wie auch in der durch Onlinevoting vergebenen Kategorie »Hottest MILF« nominiert.

Aufgrund des glamourösen Stils des Abends hat sich Savana für einen klassischen Look entschieden: lange Wimpern, verrucht-glänzende Augen und Lippen, die zu ihren roten Haaren passen. »Für den roten Teppich will Savana heute glamouröser und weniger dramatisch wirken«, erzählt Teresa. »Gestern trug sie mehr Makeup und der Lidschatten war grün und gelb. Heute eher was Klassisches.«
Teresa, die kürzlich auf einem Set bei einem von Savans neuen Filmen mitgearbeitet hat, hat nie für die Branche gearbeitet, bevor sie Savana kennengelernt hat. Für den Film und für die AVN Awards hat sie helleres, schwereres Makeup ausgesucht als sonst. Ihre Lieblingsmarken, sagt sie, sind Anastasia Beverly und Make Up For Ever. »Das ist nicht gerade ein Makeup, das man zu einer Hochzeit tragen würde«, sagt sie. »Pornostars werden oft fotografiert und sind ständig vor Kameras, sie müssen also ständig so gut wie möglich aussehen, und es sind recht glamouröse Menschen. Ihr Makeup muss glamouröser und dramatischer sein. Es macht wirklich Spaß, für jemanden zu arbeiten, der den Diva Look will.« Zwar wird Savana heute Abend bei den Awards leer ausgehen, Teresa aber stellt dennoch sicher, dass sie bei ihrem Auftritt glänzen wird.
Durch ihre Arbeit mit Savana hat Teresa die seltene Gelegenheit bekommen, einen Einblick in die heutige Pornobranche zu gewinnen. Aufgrund der Onlinepiraterie und der kostenlosen Streaming-Seiten sind die Gewinne in der Branche im letzten Jahrzehnt eingebrochen. In den 90er Jahren und in den frühen Nullerjahren wurden die großen Pornounternehmen wie das alte Hollywood-Studiosystem betrieben, es gab riesige Budgets, und am Set gab es eigene Makeup-Artists. Für Darsteller, die von einem der großen Studios unter Vertrag genommen wurden, waren ihre Makeup-Artists wichtige Partner und wichtige Figuren in der Branche.
Während Teresa sie frisiert, erzählt mir die erfahrende Pornodarstellerin Briana Banks, dass sie in der Zeit, als sie exklusiv für Vivid gearbeitet hat, sogar im Vertrag stehen hatte, welche Makeup-Artists mit ihr zusammenarbeiten würden. Heutzutage, da es weitaus weniger große Studios gibt und die Budgets kleiner geworden sind, hat das Makeup bei den Produktionen keine so hohe Priorität mehr. »Die meisten Girls machen heutzutage ihr eigenes Makeup«, erzählt Banks. »Aber da weigere ich mich.«
Während die Filmcrew einer Fernsehsendung aus Quebec in das vollgepackte Hotelzimmer stürmt, um ein Interview mit Savana durchzuführen, legt Teresa letzte Hand an und packt ein. Sie fährt noch am Abend zurück nach Los Angeles und ist völlig erschöpft. Ich frage sie noch, ob sie nächstes Jahr erneut zu den AVN Awards kommen wird. »Das bestimmt«, sagt sie, »ich kenne ja nun viele der Girls. Das war mein erstes Mal, und ich weiß, dass ich beim zweiten Mal noch besser sein werde. Ich weiß dann, was ich zu erwarten habe.«