
Berlin – Es gibt Videotheken, die haben eine Sex-Ecke, oft verborgen hinter einer Wand. Nun hat auch der Bezirk Mitte seine Erotik-Ecke. Überhaupt nicht verborgen, sondern freizügig mit offenen Schaufenstern, werben gleich zwei Geschäfte an der Oranienburger Straße für Dildos und Artverwandtes. Einträchtig fast Wand an Wand befinden sich dort Filialen des Sex-Toys-Herstellers Fun Factory (seit sieben Jahren am Ort) und dem bekanntesten Sexshop des Landes, Beate Uhse (seit Freitag). Während der Freitag für Fun Factory ein normaler Geschäftstag wurde, verschenkte Beate Uhse an dem Tag je 1000 Vibratoren und Penisringe.
Tatsächlich kann ein bisschen Werbung wohl nicht schaden, schließlich hat der Flensburger Sex-Konzern seit Schließung des „Museums“ an der Joachimsthaler Straße vor zwei Jahren keinen Laden in Berlin gehabt. „Wir haben nach Geschäftsräumen in der Innenstadt gesucht, aber lange keine gefunden. Viele Vermieter haben Hemmungen“, sagt Johann Steiner, Geschäftsführer aller Beate-Uhse-Läden in Deutschland.
Auf zwei Stockwerken mit insgesamt 220 Quadratmetern werden nun 1500 Produkte angeboten, die der Eigenwerbung des Unternehmens als „Begleiter im Sexualleben“ gerecht werden, eben Hilfsmittel für alle, „die etwas mehr Spannung im Leben“ suchen, referiert Steiner und lässt seinen Blick über Regale voller Spielzeug, Apparaturen, Klamotten, Fetisch-Fummel, Crèmes und Salben schweifen.
Neue Zielgruppe: Paare
Ansonsten fällt gleich auf, was man nicht sieht: Hefte und Videokabinen. „Das hat sich überholt“, sagt Steiner. Insgesamt hat sich der Fokus verschoben. Sei man früher eine Männerdomäne gewesen, wolle man jetzt Paare ansprechen.
Dafür muss man weg vom Schmuddelimage. Der Laden ist zwar nicht so stylisch wie bei Fun Factory nebenan – dort sieht es eher aus wie in einer Galerie –, aber man gibt sich schick und modern, will Hemmschwellen senken. Schließlich sind die Zeiten schwierig. Der Jahresumsatz ist von 2009 bis 2015 von 231 Millionen auf 129 Millionen Euro gefallen. Unternehmen wie der Neu-Nachbar Fun Factory oder der Online-Shop Amorelie wirken frischer und weniger verrucht.
Workshops und Dildopartys
Dazu passt, dass man sich im neuen Laden immer noch eine Film-Ecke leistet, in der es nur so sabbert und keucht. Nach einiger Suche findet Steiner dennoch, was er gesucht hat: einen, na ja, Aufklärungsfilm. Auf dem Cover sind bekleidete Menschen zu sehen, die dem Betrachter nicht ihre Geschlechtsorgane entgegenrecken. „Solche Lehrfilme wollen wir verstärkt anbieten. Zum Beispiel: Wie geht das eigentlich: Analverkehr?“
Darüber hinaus sind Workshops geplant. Mögliche Themen: „Wie funktioniert Massage richtig?“ „Wie geht Bondage?“ „Worauf muss man bei Elektrostimulation achten?“ Außerdem soll der Laden immer mal an Abenden an exklusive Kunden vermietet werden, etwa zu Junggesellenabschieden. „Es gibt überall Dildopartys. Wir möchten uns diese Partys ins Haus holen. Mit Service, Produktberatung und allem drum und dran“, sagt Steiner.
Von der direkten Nachbarschaft glauben übrigens beide Firmen profitieren zu können. „Zwei Läden aus einer Branche an einem Ort – das ist doch perfekt“, sagt Andreas Guba, Geschäftsführer von Fun Factory.