Interviews & Porträts von der VENUS 2017 #02 LELO

lelo oaf der venus

Die größte deutsche Sexmesse VENUS lebt von ihrer Vielfalt. Auch in diesem Jahr waren große wie kleine Anbieter auf der Messe präsent. Zu den Riesen der Branche gehört ein internationaler Anbieter aus Schweden, der auch in diesem Jahr auf der VENUS sein Sortiment aus stylish designten Sextoys und revolutionären Kondomen präsentiert hat: LELO. Im Interview mit Svenja Schön sprechen wir über die Geschichte und Organisation des Unternehmens, die Erforschung der Klitoris, das neue Blockbuster-Produkt SONA sowie das Messeerlebnis auf der VENUS.

LELO hat sich neben dem in Großbritannien beheimateten Lovehoney zu einem der weltweit führenden Hersteller im Bereich der Lifestyle-Sextoys entwickelt. Beide Hersteller punkten mit eigenwilligem Design, Hochglanzmarketing und cleverer PR.

LELO wurde 2003 in einem Stockholmer Stadthaus gegründet. Zu Beginn stand die Frage:
»Was wäre, wenn unsere intimsten Elemente ebenso schön verarbeitet wären wie die, die wir mit größtem Stolz zur Schau stellen?« Der Gedanke, der aus der vor sich hindümpelnden Branche für verschämt dargebotene »medizinische Hilfsmittel« eine 15 Milliarden Euro schwere Branche machen sollte, war nichts anderes als die Apple-isierung der Sextoy-Branche. Durch Hilfestellung der Nachrichten- und Unterhaltungsmedien allerdings auch durch gewandelte Einstellungen konnte sich die Branche im vergangenen Jahrzehnt rasant entwickeln.

Während Lovehoney stark auf Lizenzen setzt und mit »Fifty Shades of Grey« einen globalen Blockbuster in die Läden bringen konnte, setzt LELO auf technische Führerschaft, Innovationen, unverkennbares Design und starke, emotionale Eigenmarken wie INA WAVE, TIANI, ORA, LILY oder nun neu SONA. Laut Eigenaussage will der Hersteller die »raffiniertesten, luxuriösesten und kultigsten Objekte der Begierde« herstellen.

Das Unternehmen ist in 50 Ländern präsent und beschäftigt inzwischen 2000 Mitarbeiter. Anlass genug also, um sich mit dem Branchenriesen zu unterhalten. Wir trafen uns mit Svenja Schön von LELO zu einem kurzen Gespräch inmitten des Messetrubels.

VAN: LELO ist eines der bekanntesten Unternehmen der Branche, allerdings weiß man recht wenig darüber, wie ihr arbeitet. Produziert ihr selbst? Oder lasst ihr herstellen?

Svenja Schön: Wir machen alles selbst. Von der Entwicklung über die Produktion, vom Design über den Vertrieb bis hin zum Marketing ist bei uns alles »In-House«. Das passiert alles vollständig bei LELO. Es gibt allerdings keine stationären LELO-Shops. Wir vertreiben unsere Produkte online über unsere Seite, aber auch über andere Händler. In Deutschland gehören Amorelie und Media-Markt zu unseren Partnern. Wir sind aber natürlich auch in einigen Sexshops vertreten.

VAN: Ihr arbeitet auch viel mit Kooperationen?

Svenja Schön: Ja, in Italien beispielsweise gibt es uns bei Dolce & Gabbana. Mit DIESEL haben wir was gemacht. Wir suchen immer auch nach Kooperationen in anderen Branchen.

VAN: Nun seid ihr ein internationales Unternehmen mit zahlreichen Niederlassungen. Aber ihr seid auch ein schwedisches Unternehmen.

Svenja Schön: Genau, wir haben immer noch unseren Hauptsitz in Schweden. Die Internationalität ist aber entscheidend für uns. Wir sind in Asien, in den USA, in Europa stark präsent.

VAN: Viele Sextoy-Hersteller haben relativ charismatische Gründergestalten. Wer steckt bei euch hinter LELO?

Svenja Schön: Die Gründer von LELO waren zwei Designer und ein Ingenieur. Interessanterweise alles Männer. Ursprünglich waren die auf der Suche nach schönen Toys für ihre Freundinnen. Vor 15, 16 Jahren haben die in den Sexshops hauptsächlich diese langweiligen, rosa Penisse gefunden. Da war nichts dabei, was ihnen wirklich gefallen hat. Die haben sich dann hingesetzt und angefangen, Prototypen zu entwickeln. Wichtig war ihnen von Anfang an, dass sie schön, hochwertig und designlastig sind.

VAN: Der Designgedanke war damals sehr ungewöhnlich.

Svenja Schön: Ja, das war damals Pionierarbeit. Viele haben denen auch gesagt, naja, euer Zeug, das wird jetzt ein halbes Jahr laufen und dann war‘ das. Das haben viele nicht ernst genommen. Wenn man sich jetzt umsieht, merkt man das viele das aufgegriffen haben. Man sieht, das vieles, was gerade gemacht wird, in unsere Richtung geht.

VAN: Woher kommen eigentlich eure PR-Ideen. LELO gehört zu den Herstellern, die es immer wieder schaffen, in Mainstream-Medien Schlagzeilen zu generieren. Wer sitzt da bei euch und denkt sich Studien aus, die dann von Men’s Health oder VICE aufgegriffen werden könnten?

Svenja Schön: Das kommt viel aus allen Abteilungen bei uns. Wir sind ja eine klassische Quereinsteigerbranche. Niemand überlegt sich mit 16: ‚Oh, ich will unbedingt mal Sextoys verkaufen.‘ Es ist in dem Bereich ein etwas witziger Ausdruck, aber da rutscht man rein. Und dadurch dass wir so international aufgestellt sind, kommen halt sehr viele unterschiedliche Sichtweisen und Kulturen in unserem Unternehmen zu Wort. Das hilft sehr bei der Pressearbeit. Dadurch kommen aber auch grundsätzlich neue Impulse für neue Toys.

VAN: Ein wichtiger Anker für die Pressearbeit ist nach wie vor auch Aufklärungsarbeit. Wie geht ihr das an.

Svenja Schön: Ein gutes Beispiel ist da die Klitoris. Das ist ein gutes Beispiel. Man denkt immer, wir sind alle so aufgeklärt und schon der Mensch schon so lange und gut erforscht. Aber es ist wirklich so, dass erst 2005 Wissenschaftler sich mit der Klitoris auseinandergesetzt haben und festgestellt haben, dass die Abbildungen, die es bisher von der Klitoris gab, fehlerhaft waren. Da fehlten Details. Es ist ja nicht nur der kleine Punkt oben, das Organ ist ja viel, viel größer. Erst 2005 wurde das richtig in Angriff genommen. Dabei sind dann detailgetreue Zeichnungen entstanden. Ich meine, den Penis kannte man im Mittelalter. Da war der bekannt, innen, außen, alles klar. Die Klitoris halt nicht.

VAN: Wissenschaftliche Erkenntnisse fließen also sehr stark in eure Produkte ein.

Svenja Schön: Genau. Das war einer der Gründe, warum die SONA entstanden ist. Weil eben die Klitoris nicht nur der kleine Punkt, sondern viel größer ist. SONA ist gerade auf den Markt gekommen. Viele sehen es und sagen, das ist wie der WOMANIZER. Sieht ähnlich aus, aber die Technik ist eine andere, die da drin wirkt.

VAN: Was ist denn der Unterschied zwischen WOMANIZER und SONA?

Svenja Schön: Der Womanizer funktioniert ja mit dem Ansaugen. Und SONA arbeitet mit Vibrationen, Schallwellen und Pulsen. Man spürt einen Luftzug dabei. Das ist im Grunde wie beim Sex, wenn der Mann durch die Nase atmet, während er leckt. Das Gerät verfügt über 8 Modi und ist wie alle LELO-Toys wasserdicht.

VAN: Ihr seid ja nun wirklich auch Technik-Nerds, euer Entwicklerteam hat neben SONA auch ein zweites Modell SONA Cruise entwickelt. Was ist das Besondere daran?

Svenja Schön: Die Cruise sieht optisch genauso aus. Das Gerät hat aber innen eine andere Technik. Darin steckt die Cruise-Sensor-Technologie. Es ist ja so, dass wenn man ein Toy lang fest gegen den Körper drückt, dann kann es sein, dass man die Vibrationen schwächer empfindet oder instabiler sind. Die Cruise-Technologie sorgt dafür, dass während des normalen Betriebs immer 20% der Leistung zurückgehalten werden und in dem Moment, da es fest und länger an den Körper angedrückt wird, werden diese 20% automatisch aktiviert.

VAN: Euer Entwicklerteam sitzt ja in Stockholm und teilweise in Schanghai. Aber wo werden eure Toys hergestellt?

Svenja Schön: Wir fertigen in China. Allerdings sind das keine Fremdhersteller, sondern wirklich alles LELO-Leute.

VAN: Welche Trends seht ihr? Ihr seid ja nun nicht im interkonnektiven Bereich aktiv.

Svenja Schön: Ja, das stimmt. Wir bieten keine app-gesteuerten Sextoys. Wir glauben, dass einer der großen Zukunftstrends Männertoys sein werden. Es gibt sehr viel für Frauen, und wir sehen nun den Trend, dass das für Männer zunimmt. Klar wird auch die Digitalisierung wie in allen Branchen stark zunehmen und so auch in unserer Branche, aber wir haben im Bereich app-gesteuerte Toys nichts geplant. Wir haben noch eine Schwestermarke, das ist PICOBONG. Da haben wir app-gesteuerte Toys, weil die Leute das natürlich schon nachfragen und es ja auch Spaß macht. Mit dieser Marke zielen wir auf ein jüngeres, auch preisbewussteres Publikum.

VAN: Wie oft wart ihr schon auf der VENUS?

Svenja Schön: Drei Mal. Ich bin selbst erst seit einem Jahr dabei. Die letzten sechs Jahre waren wir auf der Erofame, haben uns aber dieses Jahr gedacht, dass es mal wieder Zeit wird, auf der VENUS zu sein.

VAN: Wie ist euer Eindruck, ihr seid ja nun hier in der B2B-Halle, die ruhiger ist.

Svenja Schön: Ja, genau. Man kennt ja die Bilder von der VENUS, aber ich war durchaus positiv überrascht, dass es eben auch hier diesen Bereich gibt und das Publikum sehr unterschiedlich und neugierig ist. Angenehme Menschen, höflich, sehr interessiert. Klar laufen auch skurrile Menschen vorbei, aber das finde ich auch ganz interessant hier.

VAN: Welche Zielgruppe wollt ihr mit eurem Auftritt auf der VENUS erreichen?

Svenja Schön: Schon alles, klar Endkunden sind wichtig, das Feedback von Nutzern. Aber es gibt auch Händler und Kooperationen, die sich ergeben. Die VENUS ist besonders interessant, weil man hier eben auch die Endkunden hat.

VAN: Vielen Dank fürs Gespräch.

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