
In der Daily Mail fordert eine der bekanntesten britischen Journalistinnen, Jenni Murray, das Verbot aller nicht jugendfreien expliziten Inhalte und Gefängnisstrafen für deren Produzenten und Vertreiber.
Die Hetzrede von Murray erfolgte inmitten einer breit angelegten Medienkampagne, mit der der Öffentlichkeit das umstrittene britische Gesetz zur Online-Sicherheit schmackhaft gemacht werden soll. In dem Artikel fordert die langjährige Journalistin, die für ihre Verdienste um Kunst und Kultur zum Officer of the Order of the British Empire ernannt wurde, dass die volle Härte des Staates gegen alle Personen eingesetzt wird, die an der Produktion oder Verbreitung von sexuell eindeutigem Material beteiligt sind.
Nach ihrer Unterstützung einer viel beachteten Anti-Porno-Studie von Boris Johnsons Kinderbeauftragter, Dame Rachel de Souza, schreibt die Journalistin: »Man muss nur ‚Sex‘ oder ‚Porno‘ in den Browser eingeben, und schon wird man mit unvorstellbar grausamen Videos von Männern bombardiert, die abscheuliche Dinge mit Frauen tun, ohne dass das Alter des Zuschauers kontrolliert wird und ohne dass dafür eine Bezahlung verlangt wird.«
Sie verweist auf einen höchst zweifelhaften Bericht, der im British Journal of Criminology veröffentlicht wurde und der angeblich aufzeigt, »in welchem Ausmaß beliebte Pornoseiten Darstellungen von Sexualpraktiken zeigen, die kriminell sind.«
Murray bringt dann einvernehmliche Inhalte, die Fantasien zeigen, mit illegalen Inhalten in Verbindung und konfrontiert ihre Leser mit ihrer unnachgiebigen Haltung: »Wenn Jungen und junge Männer körperliche Aggression, Nötigung, Ausbeutung und weinende Frauen sehen, ist es dann ein Wunder, dass sie fälschlicherweise glauben, dass Frauen das alles mögen?«
Sie zeigt sich fest davon überzeugt, dass es so etwas wie einvernehmliche Sexarbeit nicht geben könne. Murray behauptet »In all den Jahren, in denen ich als Journalistin für das Regionalfernsehen in Southampton und für Women’s Hour mit Frauen gesprochen habe, ist mir nie eine einzige Sexarbeiterin begegnet, die gesagt hätte, dass sie ihren Körper gerne verkauft, sei es als Prostituierte oder als ‚Pornostar‘. Keine einzige hat ihren Job gemacht, weil er ihr Spaß gemacht hat. In jedem Fall fühlten sie sich benutzt, missbraucht und geschädigt. Sie hätten sich nicht für einen solchen Karriereweg entschieden.«
Murray zufolge würde ein vollständiges Verbot nicht nur verhindern, dass Frauen in der Pornoindustrie vergewaltigt werden, sondern auch dazu beitragen, dass ein Teil der Gesellschaft nicht mehr glaubt, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen akzeptabel ist. Beides ungemein verkürzte und verfälschende Aussagen.
Da sie genau weiß, dass frühere Versuche, Pornografie zu verbieten, nie erfolgreich waren, versucht Murray, die gesamte Sexarbeit als sexuellen Übergriff darzustellen. Die Kolumnistin möchte nicht nur »Erotikseiten« zensieren, sondern auch Twitter und jede andere Webseite oder Plattform im Internet. Sie ist der festen Überzeugung, dass der bisherige, bereits umstrittene Gesetzesentwurf zur Online-Sicherheit »zu schwach in seiner Definition der Altersverifikation« sei und der Branche weiterhin zu viel Spielraum lasse.
Der Wind wird in den britischen Medien wird also immer schärfer gegen eine Branche, die sich zahlreichen uralten Stereotypen gegenüber sieht. Es bleibt zu hoffen, dass die mühsam errungenen Rechte und sexuellen Freiheiten diesen Anfeindungen standhalten.