
Laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov Blue gaben 52% der Befragten US-Bürger in einer Umfrage an, für eine Entkriminalisierung der Prostitution zu sein. Die größte Zustimmung findet der Vorschlag in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen. Das überhaupt Bewegung in das Thema kommt, kommt in dem notorisch sexarbeiterfeindlichen Vereinigten Staaten fast einer Revolution gleich.
In einer von YouGov Blue veröffentlichten Studie wurde zum ersten Mal festgestellt, dass eine Mehrheit der US-Bürger für irgendeine Form der Entkriminalisierung der Prostitution ist. 52% der Befragten gaben an, dass sie stark oder bis zu einem gewissen Grade für die Entkriminalisierung des ältesten Gewerbes der Welt sind.
Bisher ist Prostitution in den USA vollumfänglich verboten. Lediglich in einigen Countys des Bundesstaates Nevada können Sexarbeiter unter strengen Auflagen ihrem Geschäft nachgehen.
Mit dem sogenannten ESPLER-Projekt in Kalifornien gibt es seit Jahren eine Bewegung, die sich für die vollkommene Legalisierung der Prostitution in den USA stark macht. Unter Umständen könnte eine Klage der Gruppe bald den Supreme Court erreichen. Inwiefern das allerdings bei dem weitestgehend konservativ besetzten Gremium derzeit Sinn ergibt, ist fraglich.
Wie die Zukunft der Sexarbeit in den USA aussieht, dürfte nicht nur hinsichtlich Prostitution vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA Ende des Jahres abhängen. Bei einer zweiten Amtszeit Trumps dürften nicht nur die Entkriminalisierung der Prostitution keine Aussicht auf Erfolg haben, sondern die Bedingungen für das gesamte Erotikgeschäft schwieriger werden. Schließlich bilden die ultrakonservativen Evangelikalen eine wichtige Basis der Trump-Wählerschaft. Diese versprechen sich von ihm nicht nur die Abschaffung des Rechts auf Abtreibung, sondern auch ein radikales Vorgehen gegen die Pornobranche, online wie offline.
Bei den demokratischen Gegenkandidaten, die sich derzeit noch darum streiten, wer von ihnen gegen Trump antreten wird, ist die Lage sehr unübersichtlich. Während die Linksaußen-Kandidaten Bernie Sanders und Elizabeth Warren vorsichtige Sympathie für eine Entkriminalisierung angedeutet haben, sind alle anderen Kandidaten maximal für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Sexarbeitern, von einer Legalisierung will niemand sprechen. Die von Sexarbeitern mit viel Hoffnung beobachteten Kandidaten Kamala Harris und Corey Booker sind bereits aus dem Rennen ausgeschieden. Bei den übrigen wird allenfalls und eher hinter den Kulissen das skandinavische Modell diskutiert, bei dem Sexarbeiter entkriminalisiert werden, die Kunden allerdings weiterhin bestraft werden sollen.
Dieses Modell ist stark umstritten, da es für Sexarbeiter häufig riskantere Arbeitssituationen schafft und viele in den Untergrund treibt, damit sich ihre Kunden sicher fühlen. Damit einher geht ein unregulierter, unbeaufsichtigter Markt, bei dem Sexarbeiter weder offen werben können, noch an für sie sicheren Orten ihrer Arbeit nachgehen können.
In der YouGov-Studie sagen 42% der jüngeren Befragten, dass sie eine Entkriminalisierung »stark« befürworten, 23% geben an, dass sie sie »auf irgendeine Weise« unterstützen. Auch bei den 30- bis 44-jährigen Befragten sind insgesamt 66% für eine Entkriminalisierung. Bei älteren Teilnehmern hingegen nimmt die Unterstützung stark ab. Dies ist für die Entkriminalisierungs-Befürworter ein Problem, schließlich sind ältere Amerikaner häufiger an den Wahlurnen als jüngere. Und Wähler in der Altersgruppe 45 bis 60 lehnen eine Lockerung des Prostitutionsverbots in jedweder Hinsicht ab oder wollen sich mit dem Thema nicht auseinandersetzen.