
Kurz vor dem bevor stehenden Dekadenwechsel sind einige einflussreiche Darsteller, Regisseure und Produzenten verstorben. Zu den Verstorbenen im Dezember gehören William Higgins, einer der wichtigsten Pioniere der schwulen Pornografie in den USA, George McDonald, einer der ersten männlichen Pornostars überhaupt sowie die 90er Jahre Legende Jeff Marton, der den Übergang von VHS zur DVD bei Studios wie Evil Angel begleitet hat.
Vergangenen Samstag verstarb einer der wichtigen Wegbereiter schwuler Pornografie in Prag an einem Herzinfarkt. Der US-Regisseur und Produzent William Higgins wurde 77 Jahre alt. Seine Karriere begann in den frühen 70er Jahren und dauerte über vier Jahrzehnte. Einen Tag vor seinem Tod veröffentlichte er noch einen Beitrag auf seinem Videoblog.
In seiner Karriere drehte und produzierte Higgins über 3000 Filme und beeinflusste zahlreiche Stars, darunter auch die LGBTQ-Ikone Chi Chi LaRue, dessen Channel 1 Releasing die von Higgings gegründete Produktionsfirma Catalina Video 2007 übernahm.
Zu Higgins berühmtesten Filmens gehören zahlreiche Klassiker der schwulen Pornografie der USA: A Married Man (1974), Pacific Coast Highway (1981), Sailor in the Wild (1983) und Big Guns (1987). In seinen ans Cinéma Vérité angelehnten Werken arbeitete er mit legendären Pornostars wie John Davenport, Jan Dvorak, Rick Donovan, Kip Noll und Jack Wrangler zusammen.
1978 gründete der Regisseur seine eigene Produktionsfirma Catalina Video, die er bis zur Übernahme durch C1R ein gutes Vierteljahrhundert von Amsterdam und Prag aus leitete. Dort erschien nach fast zwanzig jähriger Pause 2016 auch eine Neuproduktion von Higgins: Uncut and Raw. Daneben veröffentlicht C1R auch Higgins ältere Klassiker.
In einem Interview von 2018 erzählt Higgins, dass er im damaligen Kit Kat Kino in Dallas zum ersten Mal einen schwulen Pornofilm gesehen habe und sich danach Filme des einflussreichen Falcon Studios auf 8mm Rollen besorgte. Als das Studio aus rechtlichen Gründen den Versand der Filme einstellen musste, entschied Higgins selbst Pornofilme zu produzieren. Dabei, so Higgins, hätte er nie gedacht, dass schwule Pornos je so populär werden könnten, wie sie es heute sind.
In dem Interview sagte er: »Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es diese Ausmaße annehmen könnte. Ich war bei den GayVN Awards in Los Angeles, und da waren 4000 Menschen anwesend. Ich war schon mal da, aber ich bin nochmal hin, weil ich in die Hall of Fame aufgenommen wude, und da waren hunderte von Regisseuren und Produzenten, die alle in der Branche arbeiteten. Als ich anfing, gab es vielleicht vier, fünf Leute in L.A., fünf Leute in San Francisco, vielleicht nochmal vier in New York, und bis auf die Leute in San Francisco haben das alle als Nebentätigkeit betrieben.« Er fügt hinzu: »Jene Zeit in den 80ern, das war die Zeit der großen Profite. Wir wussten es damals nicht, aber so ist es gekommen.«
Chi Chi LaRue sagt über die Regie-Legende: »William Higgins hat mich in die Branche geholt. Er hat an mich von dem Moment an geglaubt, als ich durch seine Tür gelaufen bin. Ich werde nie vergessen, wie ich nach San Francisco geflogen bin, um das erste Mal Regie zu führen. Er war eine sehr private Person und introvertiert, aber wir hatten eine besondere Verbndung. Er hat sich meine Drag Shows angesehen, und wir haben zusammen Typen angesprochen. Ich habe sie gefragt, ob sie in Pornos mitspielen wollen. Als ich nach Prag fuhr, hat er mir all diese fabelhaften Orte gezeigt. In späteren Jahren begann er ein bisschen wie der Weihnachtsmann auszusehen, aber er war immer modisch und schick.«
William Higgins starb für Freunde und Kollegen überraschend mit 77 Jahren in seiner Wahlheimat Prag. Seine Webseite ist weiterhin erreichbar.
Auch der ehemalige Pornostar George McDonald ist siebzigjährig am 16. Dezember diesen Jahres gestorben. Vielen galt er als erster männlicher Pornostar überhaupt.
Mit »Behind the Green Door« wurde McDonald 1972 mit einem Schlag berühmt und zu einem Star in einer Branche, die Stars noch gar nicht kannte.
Kurz vor seinem Tod konnte der Rialto Report noch ein ausgiebiges Interview mit McDonald führen. Daher ist bekannt, dass McDonald zunächst ein vielversprechender Sportler war und dann im Vietnamkrieg in der Air Force kämpfte. Laut Aussagen des Rialto Reports war er politisch sehr interessiert und begann Anfang der 70er Jahre in Kalifornien als Pornodarsteller zu arbeiten. Eine Zeitlang arbeitete er mit John Holmes bei einer Live Sex Show auf Hawaii.
McDonald hat späterhin auch eine Autobiografie unter dem Titel »Dirty Movies« geschrieben und galt vielen Weggefährten als erster männlicher Pornostar überhaupt.
Der Rialto Report schreibt: »[McDonald] begann seine Karriere zur Zeit der kurzen, stummen 8mm-Filme und war mit dabei, als die Branche innerhalb weniger Jahre begann, abendfüllende Pornofilme zu produzieren. Er war so früh Teil der Branche, dass einer seiner letzten Filme ‚Behind the Green Door‘ von den Mitchell Brothers wurde, einer der Filme, die immer wieder als einer der ersten echten Pornofilme bezeichnet werden.«
Das 99-minütige Interivew mit George McDonald mit dem Rialto Report kann hier aufgerufen werden.
Der beliebte Pornodarsteller Jeff Marton, in den 90er Jahren bekannt unter dem Namen »Hatman«, ist Anfang Dezember nach längerer Krankheit verstorben. Seine aktive Karriere dauerte von 1996 bis 2003. Auch als Musiker und Tänzer wirkte er in einigen Mainstream-Produktionen mit.
Zum Höhepunkt der relativ kurzen DVD-Ära war Jeff Marton ein erfolgreicher und leicht zu erkennender Pornostar. Sein Markenzeichen war das Tragen eines Hutes, den er bisweilen seinen Sexpartnern aufsetzte und ein Ziegenbärtchen. In einer erstaunlich hohen Anzahl an Filmen hatte er keinen Sex vor der Kamera, ein Zeichen dafür, dass seine Präsenz an sich bereits eine Bereicherung darstellte.
Er drehte für Studios wie Anabolic, Nasty Pixxx und Outlaw Productions und arbeitete mehrfach mit dem Regisseur Christoph Clark. In Branchenkreisen war er auch als einer der Sprecher für Evil Angel bekannt.
Marton selbst dürfte seine Pornozeit als Marginalie in einem bunten, langen Leben abgehakt haben, schließlich konnte er als Tänzer und Musiker auf Auftritte neben Rod Stewart und als Mitglied der Tanzgruppe Dancing Machine auf jahrelange Bühnenerfahrung zurückblicken. 1986 spielte er als Tänzer im Hollywoodfilm »Knights of the City« mit.
Sogar in der Literaturgeschichte hinterließ der charismatische Darsteller Spuren. Der US-Autor David Foster Wallace erwähnte ihn dem Essay »Big Red Son« über eine Pornomesse in Las Vegas.
Der Produzent Jules Jordan sagte in einer ersten Reaktion zu Martons Tod: »Jeff Marton war wirklich einzigartig. Er hätte einem sein letztes T-Shirt gegeben. Als ich bei Evil Angel Anfang 2000 anfing, war er bereits dort, da habe ich ihn kennengelernt. Die Geschichten, die er über John Stagliano, Joey Silvera, John Leslie und Rocco Siffredi wusste, waren unglaublich. Er war ein wirklicher Freigeist und genoss seine Arbeit in der Branche – er war ein echter Botschafter für die Branche.«
Marton starb am 2. Dezember in seinem Haus im San Fernando Valley an den Folgen einer Lungenkrebs- und Atemwegserkrankung.