Großbritannien lässt Internet stärker überwachen

ofcon uk

Nachdem die Altersverifikation in Großbritannien Brexit-bedingt auf Eis liegt, gibt es nun einen neuen Anlauf, das britische Netz – je nach Sichtweise – sicherer zu machen oder zu zensieren. Die Telekommunikationsaufsichtsbehörde Ofcom soll künftig über das sittliche Online-Wohl der Bevölkerung wachen und – so die Regierung – insbesondere Jugendliche vor ungeeigneten Inhalten besser schützen.

Die britische Regierung hat die Regulierungsbehörde Ofcom mit der Überwachung des Internets betraut. Diese soll sicherstellen, dass Onlineplattformen Regeln einhalten, die für größere Sicherheit der Nutzer sorgen sollen.

Zwar ist die verpflichtende Altersverifikation samt Registrierung erst mal im legislativen Nirwana verschwunden, doch mit der Bemächtigung der Ofcom sollen sämtliche als schadhaft angesehenen Inhalte und Kommunikationsformen von den Briten ferngehalten werden.

Ofcom selbst scheint sich mit einer eigens angefertigten Studie in Stellung gebracht zu haben, um die Aufgabe übertragen zu bekommen. Laut dieser Studie haben 61% der Erwachsenen und 79% aller britischen Teenager zwischen 12 und 15 Jahren »potenziell schädliche Erfahrungen« online gemacht. Datenschützer und Verteidiger der freien Meinungsäußerung dürften über eine solch schwammige Formulierung nervös werden.

Mit der Begründung des Jugendschutzes wurde schon oft hantiert, wenn es darum ging gegen Erwachseneninhalte vorzugehen. Die damit einhergehende Zensur aber schränkt eben die Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung ein und gefährdet Whistleblower und schränkt zivilen Ungehorsam und außerparlamentarische Opposition stark ein.

In der Regierungserklärung heißt es: »Die Regulierungsbehörde wird eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung der gesetzlichen Sorgfaltspflicht zum Schutz der Nutzer vor schädlichen und illegalen terroristischen und kindesmissbräuchlichen Inhalten spielen [und] ist ein weiterer Schritt zur Erfüllung des Versprechens der Regierung, Großbritannien zum sichersten Ort der Welt zu machen, um online zu gehen. Die Ofcom wird neue Befugnisse erhalten, um ihre erweiterten Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass Online-Unternehmen über die Systeme und Prozesse verfügen, die erforderlich sind, um die Sorgfaltspflicht zu erfüllen, die Menschen, die ihre Plattformen nutzen, zu beschützen.«

Die zuständige Ministerin für Digitales, Nicky Morgan, sagt dazu: »Mit Ofcom an der Spitze eines angemessenen und starken Regulierungssystems haben wir die einzigartige Chance, die Welt beim Aufbau einer blühenden digitalen Wirtschaft anzuführen, die von bahnbrechender Technologie angetrieben wird, auf die jeder im Vereinigten Königreich vertraut und die ihn schützt. Wir werden der Regulierungsbehörde die Befugnisse geben, die sie braucht, um den Kampf für ein Internet anzuführen, das lebendig und offen bleibt, aber mit dem Schutz, der Verantwortung und der Transparenz, die die Menschen verdienen.«

Die Kinderschutzorganisation Barnardo begrüßt den Schritt und hält das Vorgehen der Regierung für überfällig. Javed Khan ist Vorsitzender des Vereins und sagt: »Minderjährige sehen sich online wachsenden Risiken ausgesetzt, darunter Cyberbullying, sexuelles Grooming und Foren zu Selbstverletzung. Wir können nicht erwarten, dass Kinder sich selbst schützen. Stattdessen brauchen wir eine Regulierungsbehörde, die unverzüglich handelt. (…) Barnardo’s freut sich auf die Zusammenarbeit mit der Regierung, um sicherzustellen, dass Kinder online sicher sind.«

Die neuen Regeln sehen vor, dass Onlineplattformen sehr klare Regeln über die auf ihren Seiten akzeptierten Inhalte und Art der Kommunikation formulieren und durchsetzen müssen. Allerdings sind kleinere Unternehmen von dieser Verpflichtung ausgenommen. Im Wesentlichen soll die strikte Durchsetzung auf die großen Internetkonzerne abzielen. Angeblich sollen nur 5% der britischen Onlineunternehmen überhaupt betroffen sein.

Ofcom soll die Unternehmen nicht nur überwachen, sondern auch beraten und Hilfestellung zur Umsetzung bieten. Weitere Informationen hat die britische Regierung fürs kommende Frühjahr angekündigt.

 

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