
Um fair zu bleiben, Kondome haben sich im Laufe der Zeit stark verändert, seit sie im alten Ägypten aus Leinen oder im Alten Rom aus tierischen Blasen oder Därmen gemacht wurden. Doch selbst historisch betrachtet, sind die Fortschritte bei Kondomen bemerkenswert langsam abgelaufen: als sie das erste Mal großflächig verkauft wurden, im 18. Jahrhundert war das, da wurden sie immer noch aus Leinen und Tierteilen hergestellt. Erst im 19. Jahrhundert begannen Menschen außerhalb der Oberschicht sie zu verwenden. Zu jenem Zeitpunkt konnten sie industriell hergestellt werden, was sie billiger werden ließ. Schließlich tauchten auch Kondome aus Gummi auf. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts endlich wurden sie aus Latex gefertigt, und seit nun fast 100 Jahren haben wir den mehr oder weniger gleichen Ansatz – hinzu kamen lediglich Gleitmittel und einige seltsame Geschmacksrichtungen.
Es ist also mehr als höchste Zeit für etwas Neues. Wenn Menschen das Gefühl von Kondomen nicht mögen, nutzen sie sie oftmals gar nicht – was sie selbst und ihre Partner dem Risiko aussetzt, sich an Geschlechtskrankheiten zu infizieren. Laut des National Survey of Sexual Health and Behavior gaben Frauen im Alter zwischen 25 und 34 an, dass sie nur 24% der Zeit Kondome benutzen. In einer Studie des New England Journal of Medicine gaben 41% der Antwortenden an, dass Sex mit Kondomen für sie als weniger lustvoll empfunden wird.
Davin Wedel, Präsident des Mutterunternehmens von ONE Condoms, der Global Protection Corp, sagt, dass die meisten Beschwerden über Kondome beinhalten, dass sie nicht passten und unbequem zu tragen seien. Die Menschen sehen Kondome als »notwendiges Übel, ein Hindernis, das man hinnehmen muss«, so Stuart Nugent, Manager für Markenkommunikation beim Sexspielzeug-Unternehmen LELO. Vielleicht liegt es daran, dass die Zahl für Neuinfektionen bei Geschlechtskrankheiten in den USA ein neues Allzeithoch erreicht haben.
Mehr und mehr Unternehmen erkennen das Problem und forschen an Innovationen. Alexis Thomas, Eigentümer von Taboo Tabou – einem Sexshop in Chicago, der als Kondomladen begonnen hat – sagt, dass die derzeit innovativsten Produkte am Markt die HEX Condoms von LELO sind, die 0,045 mm dünn sind und aus 350 Hexagonen bestehen, die es erlauben, Körperwärme zu übertragen, und die Pleasure Plus Condoms von ONE, die mit gerippten Beutelchen ausgestattet sind, die Nervenende stimulieren sollen.
Da ich neugierig war, ob die Technologie hält, was sie verspricht, habe ich HEX und Pleasure Plus ausprobiert. Das Ergebnis war lediglich okay. Ja, sie scheuern weniger als andere Marken, die ich normalerweise toleriere, und auch die Bänder unten waren weniger spürbar, aber ich war mir immer noch sehr bewusst, dass ich mit einem Kondom und nicht mit dem Penis meines Partners Hautkontakt habe. Mein Partner hat nicht mal einen Unterschied zu anderen, gewöhnlichen Marken bemerkt.
Auch Wedel weiß, dass das Ziel noch nicht erreicht ist, dass Menschen Kondome nicht als Störung beim Sex wahrnehmen. »Kondome sind per Definition eine Methode, die eine Schranke bildet. Und was die Menschen wollen und lieben, ist nun mal, dass es beim Sex keine Schranken gibt«, sagt er. »Es ist eine schwierige Balance zwischen Komfort und Sicherheit.« Leider gibt es diese beiden Dinge in der Regel nicht zusammen, so Nugent: Je dicker der Latex, desto sicherer die Kondome … desto weniger fühlen Sie aber auch Ihren Partner. Die Kondome von ONE und LELO sind superdünn und gleichzeitig sicher, aber dennoch kann ein Kondom nur bis zu einem gewissen Grad dünn sein, bevor es reißt.
Selbst Bill Gates hat dieses fundamentale Problem im Design von Kondomen erkannt und versteht, welche Rolle das dabei spielt, dass sicherer Sex vernachlässigt wird. 2013 forderte er die Welt heraus, ein Kondom »der nächsten Generation« zu entwickeln, das »die Lust signifikant erhält oder verbessert«. Er hat den 11 Finalisten 100.000 Dollar zugesprochen. Die Teams arbeiten nun daran, doch keines der Produkte ist bisher auf den Markt gekommen.
»Es hängt am Geld. Der Preis, den die Konsumenten zu zahlen bereit sind, ist einfach zu gering, um die [Gewinnerideen des Wettbewerbs] umzusetzen und herzustellen«, so Thomas. Und selbst, wenn die Kondome hergestellt werden, dauert es eine ganze Weile, bis eine Genehmigung der FDA vorliegt. Ganz davon abgesehen, dass eine solche Genehmigung teuer ist. »Wir haben Millionen von Dollar in Labortests und Feldstudien ausgegeben, um die FDA und ASTM-Guidelines zu erreichen«, so Wedel.
Wenn man ein vollkommen neues Material benutzt, werden die Kosten zu einem erheblichen Problem. Kondome ohne Latex benötigen ihren eigenen Genehmigungsprozess, der teuer und langwierig ist. Nugent glaubt, dass wir Latex hinter uns lassen werden, sobald Kondome aus Graphen, Kohlenstoffnanoröhrchen, selbstheilenden Polymeren und Aerogel kommerziell herstellbar sind. Das aber, so glaubt er, wird noch 20 Jahre dauern.
Es gibt ein weiteres Problem, das schneller lösbar scheint: dass Kondome nur in ein paar Größen und Formen verfügbar sind, während der Penis in unendlich vielen Formen und Größen vorhanden ist. Wedel hofft, dass die myONE Perfect Fit Kondome von ONE, die in 56 Größen erhältlich sind, dieses Problem lösen können.
Als Konsumenten würden wir davon profitieren, wenn wir uns aus der One-Size-Fits-All-Mentalität verabschieden würden, so Thomas. Die erstbeste Wahl, die wir in den Drogerie-Regalen finden, dürfte nicht immer für jeden von uns passen. Wenn wir also Kondome haben wollen, die sich besser anfühlen, müssen wir uns genauer umschauen. »Es gibt wirklich großartige Produkte am Markt, allerdings nicht genügend Aufklärung und Information darüber, wo man die richtigen Produkte für Sie und Ihren Partner finden kann«, meint Thomas.
Derzeit ist die vielversprechendste (und kostengünstigste) Methode also nicht eine weiterentwickelte Technologie, sondern gründlichere Information. Ein paar Minuten Recherche genügen, um das eigene Sexleben zu verbessern. Das ist zwar noch immer kein kondomfreier Sex, aber es kann ein erheblicher Schritt nach vorn sein.«