
Seit Jahren weist das Wirtschafts-Magazin Forbes mit der Liste »30 Under 30« auf besondere und vielversprechende Talente unter jungen Unternehmern hin. Dieses Jahr schafft es die Mitgründerin des Sex-Startups Lioness, Anna Lee, mit auf die Liste.
Als Branchenbeobachter muss man sich dieser Tage ständig die Augen reiben. Zum einen erlebt insbesondere die Pornoindustrie einen globalen Backlash, immer mehr Länder auf der Welt versuchen Erwachsenenangebote zu zensieren, einzuschränken oder gar zu verteufeln, immer mehr Mainstream-Plattformen zensieren sich selbst und ihre Nutzer, teils in vorauseilendem Gehorsam, immer häufiger werden Sexarbeiter Opfer von rückschrittlicher Politik.
Andererseits nimmt das gesellschaftliche Bewusstsein um die Bedeutung sexueller Gesundheit, um die Vielfalt der menschlichen Sexualität und das Wissen um die positiven Seiten von Pornografie stark zu, immer häufiger wird die Diskriminierung von Sexarbeitern angeprangert und bekämpft. Wir befinden uns offenbar mitten in einem Kulturkampf, der für alle Unternehmen und Teilnehmer der Erotikbranche entscheidend ist, der Ausgang scheint offen.
Da ist es ein gutes Zeichen, dass ein Mainstream-Magazin wie Forbes eine Unternehmerin auszeichnet, deren Startup Lioness Sextoys für weibliche Lust entwickelt. Schließlich ist es für viele Unternehmen der Branche immer noch schwierig, überhaupt für ihre Produkte Werbung treiben zu dürfen.
Ein Platz auf der prestigeträchtigen Liste ist somit nicht nur ein Boost für die jeweilige Karriere, sondern eigentlich auch Zeichen für die wachsende gesellschaftliche Anerkennung der Branche.
Forbes listet Anna Lee in der Kategorie Unterhaltungselektronik für ihren Beitrag als Chefentwicklerin bei der Entwicklung eines Smart Vibrators für das von ihr mitgegründete Unternehmen Lioness. Gemeinsam mit Liz Klinger, CEO von Lioness, gründete sie den Sextoy-Hersteller. Dafür hatte sie eine einträgliche Position in Amazons Produktentwicklungssparte aufgegeben.
Mit dem Lioness Vibrator können Nutzerinnen sogenanntes »Biofeedback« über ihre Orgasmen erhalten, als visuell aufbereitete Daten, die der Frau Aufschluss darüber geben, wie die eigene Erregung bei der Nutzung des Geräts verläuft. Laut Forbes ist es dem Unternehmen gelungen, dabei einen gewaltigen Datenschatz über die weibliche Physiologie zu erhalten. 2020 erwartet Lioness mehr als eine Million Dollar Umsatz.
Die Forbes-Liste ist auch deshalb so einflussreich, weil die Juroren nahezu allesamt aus dem Umfeld von Wagniskapitalgebern und Investmentfonds stammen. In diesem Jahr wurde die Sparte Unterhaltungselektronik von Jeremy Liew (Lightspeed Ventures), Anjali Sud (Vimeo), Hans Tung (GGV Capital) und Nick Weaver (Eero) ausgewählt. Noch immer ist es trotz positiver Impulse durch Gruppen wie Women in Sex Tech immer noch schwer, für Unternehmen mit erotischem oder sexuellem Hintergrund notwendiges Kapital zu erhalten.
Für Lioness dürfte es nun leichter werden. Anna Lee zeigt sich in einer ersten Reaktion dementsprechend sehr erfreut über ihre Berücksichtigung in der Liste: »Ich fühle mich sehr geehrt, Teil der ’30 Under 30′ 2020 von Forbes zu sein, und wichtiger noch, dass Lioness als Teil der Unterhaltungselektronik verstanden wird.«
Für die beiden Lioness-Gründerinnen dürfte die Auszeichnung ein tröstender Rückenwind sein, schließlich wurde das Startup erst kürzlich von einer durch Samsung organisierten Konferenz für Femtech ausgeschlossen. Anna Lees Kollegin Klinger wurde von den Veranstaltern bei laufender Messe dazu aufgefordert, den Stand abzubauen und das Event zu verlassen. Die Begründung war, dass Vibratoren keinen Beitrag zur weiblichen Gesundheit leisten würden. Der Kulturkrieg um sexuelle Gesundheit, sexuelle Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung ist also weiter im vollen Gange. Und Pornografie und Sextoy-Hersteller stehen mitten im Sturm.
Wenn Sie mehr über Lioness erfahren möchten, klicken Sie hier. Die diesjährige Forbes-Liste »30 Under 30« finden Sie unter diesem Link.