
Doc Johnson wurde 1976 von Ron Braverman gegründet, als er einen kleinen Gummiproduzenten kaufte und diesen rasch in ein Sexspielzeugunternehmen umwandelte. Damals kauften Kunden ihre Dildos noch in schlecht beleuchteten Sextoys und schlichen mit dunklen Tüten nach Haus.
Vor 40 Jahren versteckte Ron Braverman die Art seiner Geschäfte, und sein Sohn wuchs auf, ohne zu wissen, welche Produkte die Familie ernährten. Er sagt: »Was mein Vater herstellte war ein großes Rätsel für mich, über das niemand sprach. Ich habe lange Zeit angenommen, er wäre in der Mafia.«
Mit den Jahren wurde dem jungen Chad langsam klar, was sein Vater an ein immer größer werdendes Publikum verkaufte. »Klar haben die Leute Witze darüber gemacht. Verkauft Dein Dad echt Gummipenisse? Als ich aber aufs College ging, änderte sich die Grundstimmung plötzlich und auf einmal war der coolste Typ überhaupt.«
Anfänglich stellte Braverman tatsächlich Gummidildos her, auch die ein oder andere Latex-Vagina befand sich in seinem Sortiment. Die Produktkategorie, unter der seine Artikel angeboten wurden wandelte sich im Laufe der Zeit von »medizinischen Hilfen«, zu »Sex Toys« bis hin zu Lustprodukten.
Seitdem hat Doc Johnson sein Sortiment massiv erweitert, dazu gehören so unterschiedliche Produkte wie der Pocket Rocket, Rabbit-ähnliche Vibes und vielfach ausgezeichnete Toys wie TRYST und der OptiMALE Cockring. Das patentierte Vac-U-Lock ist ein Umschnallgurt- und Plug-System für neuartiges Spiel mit Strap-Ons, »das voll anpassbare Umschnallgurte für Komfort und bessere Kontrolle bietet«.
Inzwischen ist Doc Johnson einer der größten, wenn nicht der größte Hersteller von Sextoys überhaupt und immer noch in der Hand der Familie, die das Unternehmen gegründet hat und mit seinem Aufstieg ein großes Vermögen erworben hat. Inzwischen hat die zweite Generation das Ruder übernommen. Chad und seine Schwester Erica führen das Unternehmen aus einem Büro im Norden Hollywoods.
Sie müssen nicht mehr wie ihr Vater gegen das gleiche Stigma ankämpfen. Das Los Angeles Magazine hat Doc Johnson sogar das »Procter & Gamble of sex toys« geauft. Die New York Times beschreibt die Büroräume des Unternehmens als eher verwandt mit jungen Startups als mit einem 40 Jahre alten Familienunternehmen. Das betrifft den organisatorischen und Marketing-Part des Unternehmens. Doch es gibt noch eine andere Seite des Sextoy-Riesen, der anders als seine Wettbewerber immer noch 75% seiner Produkte in den USA fertigt.
2.000 unterschiedliche Artikel werden derzeit hergestellt. Die Bravermans wissen natürlich, dass sie ihre Produkte in China oder anderswo günstiger produzieren könnten, doch fürs Erste bleibt Doc Johnson dem Label »Made in America« verschrieben. Ein Team von 500 Mitarbeitern arbeitet in den Produktionshallen im östlichen Teil des San Fernando Valleys. Jede Woche werden hier 75.000 Produkte hergestellt und weltweit verschickt. Die Menschen, die hier arbeiten, tragen weiße Kittel und Mundschutz und sind sehr konzentriert Dildos und Analplugs jedweder Form, Größe und Farbe zu formen.
Neben den klassischen Bestsellern und Masturbatoren mit Vagina-Repliken von Pornostars wie Sasha Grey hat Doc Johnson sein Sortiment auch in den BDSM-Bereich erweitert. Der globale Riesenerfolg von »60 Shades of Grey« hat im Fetish-Bereich einen Boom ausgelöst, der sich zu einem langfristigen Makrotrend in der Branche entwickelt. Chad Braverman ist daher besonders stolz auf die neue Partnerschaft mit dem Fetish-Spezialisten Kink.com. Die neue Produktreihe Kink by Doc Johnson bietet Halsbänder und andere Fetischartikel.
Mit der zunehmenden Popularität von Sextoys hat sich auch die Weise verändert, wie die Bravermans ihr Unternehmen grundsätzlich verstehen. »Wir sehen das, was wir tun, inzwischen eher als etwas an, das eine Erfahrung ermöglichen soll, ähnlich wie Unterhaltungsprodukte«, so Braverman. Die Marken der Hersteller werden wichtiger, Design, Lifestyle könnten bald die reine Funktion eines Produkts völlig überschatten. Während eine solche Veränderung für etablierte Unternehmen häufig große Herausforderungen schafft, scheinen die Bravermans bestens auf diesen Wandel vorbereitet. Sie sehen die neue Entwicklung als Chance, neue, breitere und immer größer werdende Kundengruppen anzusprechen.
Die Produkte von Doc Johnson sind in den USA omnipräsent. Man erhält sie in über 7500 Läden. Die große Expansion des Unternehmens wäre nicht möglich gewesen, ohne die Umarmung von Sextoys in Popkultur und den Massenmedien. Davor allerdings lag auch die grundlegende Arbeit von feministischen Sexshops wie Good Vibrations und Babeland. Diese Läden haben den Weg zu Sextoys als Lifestyle-Produkten geebnet.
Inzwischen haben Sextoys die Nische verlassen und werden in Supermärkten wie Walmart und Onlinekaufhäusern wie Amazon angeboten. Vor 20 Jahren noch war das Auftauchen des Rabbits in der HBO-Serie »Sex and the City« provokativ und riskant, heute tauchen Sextoys völlig selbstverständlich in Filmen und Serien auf. Die ganze Herangehensweise hat sich so radikal verändert, dass Lovehoney und die Sitcom »Broad City« des US-Senders Comedy Central eine Partnerschaft eingegangen sind, um unter dem Label der Serie eine eigene Sextoy-Linie anzubieten.
Erica Braverman ist bei Doc Johnson fürs Marketing zuständig. »Manchmal ist sogar Menschen in der Branche nicht klar, wie akzeptiert Sextoys längst sind. Ich bin 29, und ich finde es großartig, wie weit der Feminismus gekommen ist, dass es inzwischen als cool gilt, wenn Frauen ihre eigene Lust und ihren eigenen Spaß selbst in die Hand nehmen.«
Anders als ihr sechs Jahre älterer Bruder wuchs sie bereits anders auf und wusste um die Branche des Familienunternehmens stets Bescheid. »Als ich ans College ging und Leuten erzählte, dass ich für unser Familienunternehmen arbeite, hat keiner auch nur mit der Wimper gezuckt. Die Reaktion war immer eher ‚OMG! bald ist Weihnachten. Ich habe bald Geburtstag. Was schenkst Du mir?’«